Es ist natürlich das Hotel Atlantic, in das Udo Lindenberg am Mittwoch zum Gespräch lädt. Seit vielen Jahren ist das traditionsreiche Haus an der Hamburger Außenalster das Zuhause des Panikrockers, sein Wohnzimmer, sein Rückzugsort.
Hamburg (dapd). Es ist natürlich das Hotel Atlantic, in das Udo Lindenberg am Mittwoch zum Gespräch lädt. Seit vielen Jahren ist das traditionsreiche Haus an der Hamburger Außenalster das Zuhause des Panikrockers, sein Wohnzimmer, sein Rückzugsort. Auch dort tankt er auf, sucht nach "neuem Stoff", wie er es nennt. Das neueste Projekt des preisgekrönten Künstlers ist die Dokumentation "Mit Udo Lindenberg auf Tour: Deutschland im März 2012 - Ein Roadmovie". Das 90-minütige Werk, das am 1. Dezember (23.45 Uhr) im Ersten ausgestrahlt wird, sollte am Mittwoch für nur einen Abend in bundesweit 130 Kinos zu sehen sein.
"Eine große Ehre", nennt der heute 66-Jährige den Sprung auf die große Leinwand. "Aber in dem Film geht es nicht nur um mich, sondern ganz wesentlich auch um die Crew, um die ganze Panikfamilie", sagt Lindenberg im dapd-Interview. Eben jene Panikfamilie werde in der Doku aus spezieller Perspektive gezeigt, "in kleinen, ganz relaxten und normalerweise ganz geheimen Winkeln, Ecken und Garderoben". "Das ist eine interessante Studie dieser Familie und dieser wunderbaren Chemie, zu der es gekommen ist", erklärt der Künstler, der 1946 im westfälischen Gronau geboren wurde.
Herausgekommen ist laut Norddeutschem Rundfunk (NDR) ein persönlicher Einblick hinter die Kulissen. So zeigt der Film den Musiker in der Limousine, im Backstage-Raum, in Aktion vor dem Publikum - mit seiner legendären Panikband, inmitten seiner Crew, umgeben von Prominenten wie Clueso, Jan Delay oder Peter Maffay.
"Süße Geheimnisse, die ich für mich behalte"
Sehr nah durfte der österreichische Regisseur Hannes Rossacher Lindenberg dabei kommen, aber nicht zu nah. "Es gibt aber so ein paar kleine Ecken, da kommt die Kamera nicht hin. Es gibt noch ein paar ganz süße Geheimnisse, die werden nicht gezeigt und die behalte ich auch für mich", gesteht der Protagonist. Schließlich sei das Geheimnis ist eine wichtige Geliebte der Unterhaltungsbranche. Das habe schon Marlene Dietrich gewusst, mit der er "eine tolle Telefonfreundschaft" pflegte.
"Es ist doch unwichtig, was man kocht oder welchen Tee man trinkt - dieser ganze Schrott, der in Talkshows erzählt wird. Sich populär halten durch Affärchen", sagt Lindenberg. Das möge auch ein Job sein, wäre ihm jedoch "wahnsinnig peinlich". "Ich möchte, dass die Leute mich wahrnehmen über das, was ich auf die Bühne bringe." Die Panikkunst sei sein Beruf und nicht der Klatsch und Tratsch.
Lindenberg möchte seine Fans "nicht nur entertainen". Er möchte sie "auch für Politisches sensibilisieren, für eine pfiffige bunte Republik Deutschland". Das sei ein sehr ehrenhafter, ein sehr edler Beruf. "Das mache ich total super gerne und ohne Ende immer weiter. Jetzt schon 40 Jahre", zeigt sich der Musiker gerührt. Das sei auch deshalb "ein tolles Erlebnis", weil er gerade ein neues Publikum gewinne. "Kinder kommen auf mich zu, sind textsicher bei 'Cello'. Die haben alles drauf" Dass er gerade seine größten Erfolge feiere, damit habe er nicht gerechnet. "Ich kneife mich jeden Tag, finde das totalen Wahnsinn."
"Gezielte Drogenanwendung"
Und so fühlt sich der Panikrocker mit dem Lebensmotto "Ich mach' mein Ding" auch oder gerade mit 66 Jahren bestens, nach so manchen Krisen. "Ich bin in einer sehr guten Form, habe die Sauferei gut unter Kontrolle", sagt er. Er mache inzwischen "gezielte Drogenanwendung". "Ich nenne das Erleuchtungstrinken, Erkenntnistrinken." "Denken wir an die Kollegen Beethoven und Mozart, die auch gerne gegurgelt haben. Nicht, weil sie dicht sein wollten. Sie wollten neue Kicks finden", sagt Lindenberg.
Bei ihm sei das auch so gewesen. Über so einen langen Zeitraum seien Krisen normal. "Da rutscht man auch mal in tiefe Täler. Weiß nicht mehr weiter, ist auf der Suche nach neuem Stoff", sagt der preisgekrönte Künstler. Seine Neugier halte ihn frisch. Und die nötigen Auszeiten, "die Zeit zum Rumstreunen, im Taka-Tuka-Land". Dieser Rückzug sei wichtig, "damit das Publikum wieder auf Entzug kommt, bis dann wieder der Panikdealer um die Ecke kommt. Und dann habe ich wieder neuen Stoff für euch, Leute."
So wird es weiter gehen, verspricht der Panikrocker. Er sei "kein Arbeitstier, aber ein Radikalinski". Auch könne er so schlecht Nein sagen. Also sucht er immer noch nach neuen Kicks. Mindestens ein Projekt steht noch aus, das bereits angedachte Museum in Hamburg oder Berlin, eher eine Art Panikcity. Und in Hamburg, inmitten der Speicherstadt, wäre das "schon geil".
dapd