Essen. Sind Heimatfilme noch zeitgemäß? Ja, sagt ausgerechnet die Degeto. Mit zwei neuen Filmen der Reihe „Der Schwarzwaldhof“ tritt sie den Beweis an. Das liegt auch an Hauptdarstellerin Saskia Vester.
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Genug mit Fußball, diesem nervigen Drama mit ungewissem Ausgang, sagt das Erste und lässt wenige Tage nach dem Abpfiff des EM-Spektakels das Wasser ins Entspannungsbad des Heimatfilms ein. Ah, der Schwarzwald, wie schön, seufzen wir wohlig beim Anblick eines Postkarten-Traums und freuen uns auf einen unbeschwerten Abstecher ins Land des Lächelns, wo Probleme noch bei einem Viertel Wein oder im Sattel der Pferde gelöst werden. Gleich zweimal wird für uns arg geschundene Fußball-Opfer der „Schwarzwaldhof“ reserviert (Freitag 6. Juli und Freitag 13. Juli, jeweils ab 20.15 Uhr), aber wer sich allein auf Kuschel-Idylle im Herrgottswinkel freut, ist schief gewickelt. Auch Teil fünf und sechs der erfolgreichen Degeto-Reihe sind alles andere als hölzernes Bauerntheater.
Eine ausgezeichnete Besetzung, angeführt von Saskia Vester in der Rolle der Schwarzwaldhof-Chefin Veronika Hofer, schlägt sich wacker und immer unterhaltsam durch das Dickicht von Problemen und Intrigen, die den Pfad bis zum glücklichen Ende zuweilen zu überwuchern drohen. Familienzwist und Altersdemenz, die hinterlistige Konkurrenz und die Angst vor der tödlichen Krankheit, all das findet Platz, und nicht zu knapp.
Keine süße Musik-Soße
Der Aufmarsch der Verwicklungen wird auch deshalb nie öde, weil so vieles stimmt in dieser Reihe. Die Dialoge sind präzise, das Drehbuch ist professionell, und besonders angenehm ist: Die süße Musik-Soße, in der in diesem Genre der kleinste kritische Ansatz gerne ersäuft wird, wurde komplett von der Karte gestrichen.
Während sich die vielen Stammgäste des „Schwarzwaldhofs“ – rund fünf Millionen Zuschauer schalteten bei jedem der ersten vier Teile der Familiensaga ein – die Wartezeit mit Besuchen an Originaldrehorten wie dem ehemaligen Kurhaus Palmenwald in Freudenstadt versüßt haben, wurde die Geschichte um die Hotelchefin, die nach dem tragischen Tod des Ehemannes das Familienunternehmen führt, klug weiter entwickelt.
Bankberater statt Wildschütz
Im Mittelpunkt der heutigen Folge steht der Konflikt mit Sohn Stefan (Tim Morten Uhlenbrock), der den Schwarzwaldhof einst im Streit verließ und ausgerechnet bei der Konkurrenz anheuerte. Geldsorgen nach dem Kauf einer überteuerten Eigentumswohnung treiben ihn in die Fänge des intriganten Hotelchefs Wagner, der unbedingt wieder die Nummer eins im Schwarzwald werden will.
Alles nicht neu, denken wir, das kennen wir doch aus unzähligen Schmalz-Opern und vielleicht sogar aus dem eigenen Leben, und so notieren wir dann erst einmal zufrieden, dass auch im Schwarzwald 2012 nicht mehr der Wildschütz, sondern der Bankberater zuhause ist. Eine angenehme Entdeckung also, solch ein ziemlich realistischer Heimatfilm, der sich nicht in schönen Bildern und putzigen Trachten erschöpft.