Oslo. . Der Staatsanwalt in Oslo hält den des 77-fachen Mordes angeklagten Anders Behring Breivik für unzurechnungsfähig. Sein Plädoyer gilt als Vorentscheidung für den Urteilsspruch. Breivik selbst fühlt sich durch die Einschätzung, er leide unter einer paranoiden Schizophrenie, gekränkt.

„Unzurechnungsfähig“ – darauf plädierte die Staatsanwaltschaft gestern im Prozess gegen den 77-fachen Mörder Anders Breivik. Dies gilt als Vorentscheidung für den in einem bis zwei Monaten erwarteten Urteilsspruch. Die Chance ist nun recht groß, dass das Gericht dem Wunsch der Staatsanwaltschaft folgt.

Zehn Wochen lang dauerte der historisch wichtigste Prozess Norwegens seit den Strafverfahren gegen NS-Kollaborateure nach dem Zweiten Weltkrieg. Heute geht er zu Ende. Aussagen über Aussagen vor allem von in ihrem Urteil völlig zerstrittenen psychiatrischen Gutachtern über den Seelenzustand Breiviks wurden auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt.

„Die Entscheidung ist gefallen“

Zwei Gutachten kommen zu gegensätzlichen Ergebnissen. Das eine sagt, Breivik ist nicht zurechnungsfähig, das andere, er sei es doch. Das erste Gutachten bekam in den letzten Verhandlungstagen deutlich mehr Zuspruch von einer rechtsmedizinischen Kommission, die beide prüfte.

Am Donnerstag hat dann auch die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussplädoyer vor dem Osloer Amtsgericht entschieden, dass sie Breivik für psychisch krank hält und für eine Zwangseinweisung in eine Psychiatrie plädiert. „Die Entscheidung ist gefallen“, erklärte Staatsanwalt Svein Holden und empfahl dem Gericht, die Einweisung Breiviks in eine geschlossene Anstalt.

Sollte das Gericht dies anders sehen, müsse Anders Behring Breivik zur Maximalstrafe von 21 Jahren Gefängnis verurteilt werden. Das Lebenslänglich hat Norwegen abgeschafft. Breivik selbst sagte kurz zuvor, die Staatsanwaltschaft sei in diesem Fall das Gericht. Denn das Gericht werde so entscheiden, wie die Staatsanwaltschaft es wünsche. In der Tat wird das Plädoyer der Staatsanwaltschaft als Vorentscheidung angesehen.

Mörder fühlt sich durch Gutachten gekränkt

„Da in der Rechtspraxis die Unzurechnungsfähigkeit die freundlichere Variante ist und eben nicht ausgeschlossen werden kann, dass Breivik wirklich psychisch krank ist, dürfte das Gericht danach entscheiden“, glaubt der renommierte Rechtsprofessor Emeritus Thomas Mathiesen, der selbst als Gutachter am Prozess beteiligt war. „Ich persönlich halte ihn aber eigentlich für zurechnungsfähig und ich glaube, in Norwegen tun das die meisten Bürger derzeit. Er kann schließlich Recht und Unrecht unterscheiden“, so Emeritus.

Breivik selbst fühlt sich „gekränkt“. Ihm paranoide Schizophrenie zu bescheinigen und ihn für unzurechnungsfähig zu erklären, das sei verrückt und diene nur dazu, „mich lächerlich zu machen“, sagte er immer wieder. Der Islam-Hasser, der ein Blutbad an 77 Menschen anrichtete, tat dies, weil er die regierende sozialdemokratische Partei für ihren „Moslem-Import“ bestrafen wollte, sagte er selbst aus.

Der Umstand, dass Breivik am 22. Juli 2011 77 Menschen tötete, ist unumstritten. Breivik sieht sich als „Kreuzritter“ gegen die Islamisierung des Abendlandes und räumt die Mordserie ein. Für schuldig im juristischen Sinne hält er sich allerdings nicht. „Ich gebe die Taten zu, aber nicht die juristische Schuld“, sagte Breivik beim Prozessauftakt. Heute haben die Verteidigung und Breivik selbst das letzte Wort. Danach müssen die Richter entscheiden.

Das Grauen von Utöya

So idyllisches war es in dem Feriencamp in Utöya ...
So idyllisches war es in dem Feriencamp in Utöya ... © AP
... vor dem Amoklauf. Mindestens ...
... vor dem Amoklauf. Mindestens ... © AP
... 84 Menschen kamen bei dem ...
... 84 Menschen kamen bei dem ... © AP
... Massaker ums Leben.
... Massaker ums Leben. © AP
Der 32-jährige Anders B. hat sich offenbar als Polizist verkleidet Zutritt zu einem Jugendcamp auf der Insel Utoyea verschafft. Augenzeugen hören Schüsse. Es dauert 30 Minuten bis die Polizei eintrifft.
Der 32-jährige Anders B. hat sich offenbar als Polizist verkleidet Zutritt zu einem Jugendcamp auf der Insel Utoyea verschafft. Augenzeugen hören Schüsse. Es dauert 30 Minuten bis die Polizei eintrifft. © AFP
Die Beamten finden ein Blutbaad vor: 84 Jugendliche wurden erschossen. Hunderte versuchten übers Wasser zu fliehen ...
Die Beamten finden ein Blutbaad vor: 84 Jugendliche wurden erschossen. Hunderte versuchten übers Wasser zu fliehen ... © REUTERS
Der Mörder
Der Mörder "schoss und schoss und schoss", wie eine Zeugin berichtet. © REUTERS
Durch die Schießerei alarmiert eilen erste Schiffe aus der Nachbarschaft herbei, um zu helfen.
Durch die Schießerei alarmiert eilen erste Schiffe aus der Nachbarschaft herbei, um zu helfen. © AFP
Polizei und Rettungseinheiten suchen weiterhin nach Opfern und Verletzten auf und rund um die Insel.
Polizei und Rettungseinheiten suchen weiterhin nach Opfern und Verletzten auf und rund um die Insel. © AFP
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Opfer und Verletzte werden geborgen.
Opfer und Verletzte werden geborgen. © AFP
Opfer und Verletzte werden geborgen.
Opfer und Verletzte werden geborgen. © AFP
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Retter und Gerettete - völlig schockiert
Retter und Gerettete - völlig schockiert © Scanpix
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Retter und Gerettete - völlig schockiert © REUTERS
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Retter und Gerettete - völlig schockiert © REUTERS
Retter und Gerettete - völlig schockiert
Retter und Gerettete - völlig schockiert © AFP
Der Täter: Anders Behring Breivik.
Der Täter: Anders Behring Breivik. © REUTERS
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