Essen. . Am 1. August beginnt das neue Ausbildungsjahr. Landesweit suchen noch 49.574 junge Leute nach einer Lehrstelle. In ganz NRW sind noch 37.804 Ausbildungsplätze zu haben. Vier Vertreter von Unternehmen schildern, warum es so schwierig ist, geeignete Kandidaten zu finden.
Am 1. August beginnt das neue Ausbildungsjahr. 14.664 Schulabgänger haben im Ruhrgebiet noch keinen Lehrbetrieb gefunden, in ganz NRW sind es 49 574, heißt es bei den Agenturen für Arbeit. Auf der anderen Seite melden die Arbeitgeber im Revier noch 10 075 offene Stellen, landesweit 37 804. Für noch Unversorgte läuft die Zeit. Warum es manchmal so schwierig ist, Angebot und Nachfrage unter einen Hut zu bringen, schildern Vertreter von vier Unternehmen aus der Region.
Hermann Rapka, Geschäftsführer der Essener Firma Kettel Großküchen GmbH (www.kettel-essen.de), ein 14-Mann-Betrieb:
„Wir errichten Großküchen, etwa in Kantinen, Schulen oder Kliniken. Wir brauchen ein oder zwei Auszubildende, die Groß- und Außenhandelskaufmann werden wollen. Wir suchen Abiturienten oder Leute mit einem Abschluss der Höheren Handelsschule. In Mathe sollten sie eine drei haben, besser eine zwei.
2011 haben wir uns von einem Auszubildenden getrennt. Er hatte ein gutes Abschlusszeugnis, konnte aber nicht rechnen. Ich glaube, dass die Schulen bessere Noten verteilen, die nicht den Leistungen entsprechen. Damit die Jugendlichen bessere Startmöglichkeiten in den Beruf haben. Damit tut man ihnen aber keinen Gefallen. Ich bekomme oft auch Standard-Bewerbungen. Die jungen Leute wissen häufig wenig über die Firma, bei der sie sich melden.“
Ursula Rhiem, Leiterin der Personalabteilung der Rhiem-Gruppe in Voerde (www.rhiem.com), die international im Bereich Verpac-kung und Logistik arbeitet:
„Wir suchen für unsere Verpac-kungs-Produktion drei Auszubildende für die Berufe Medientechnologe Druck, Medientechnologe Druckverarbeitung und Packmittel-Technologe. Unsere Schwierigkeit: Diese Berufe kennen viele nicht. Außerdem sind wir als Ausbildungsbetrieb nicht so bekannt, wie es große Konzerne sind. Viele Jugendliche orientieren sich bei der Suche eher an bekannten Namen. Wir können damit werben, ein mittelständisches Familienunternehmen zu sein, mit vierhundert Mitarbeitern und einem hochmodernen Maschinenpark.
Wir bilden aus, weil wir neue Fachkräfte brauchen. Voraussetzung für eine Bewerbung bei uns ist ein mittlerer Bildungsabschluss. Wichtig ist, dass jemand etwas mit Technik anfangen kann. Das sagen Schulnoten nicht immer aus. Deshalb setzen wir auch auf ein persönliches Kennenlernen.“
Sebastian Schemm von der Schemm GmbH & Co.KG in Unna (www.schemm-bautenschutz.de):
„Ich führe in dritter Generation unseren Familienbetrieb mit zehn Beschäftigten. Wir haben uns auf den Bautenschutz spezialisiert, die Bekämpfung von Schimmelpilz und Hausschwamm. Wir suchen einen Auszubildenden, der bei uns den Beruf des Holz- und Bautenschützers, mit dem Schwerpunkt Bautenschutz, erlernt. Wir nehmen gerne Haupt- und Gesamtschüler! Ich habe festgestellt, dass die sich mehr anstrengen als Leute mit höheren Schulabschlüssen. Wer sich bei uns meldet, sollte in Mathe, Biologie und Physik aber schon die Note drei haben.“
Nagihan Erdas, Ausbildungsbeauftragte der Firma MIBS Informatik Beratungs Service GmbH in Mülheim (www.mibs-gmbh.de)
Wir sind eine IT-Unternehmensberatung, die sich auf die Software SAP spezialisiert hat. Wir suchen zwei bis vier junge Leute, die eine Ausbildung zum Fachinformatiker Anwendungsentwicklung machen wollen. Voraussetzung ist das Abitur oder ein Fachabi mit einem mathematisch-naturwissenschaftlichen Schwerpunkt. Auch Studienabbrechern mit einem ähnlichen Schwerpunkt geben wir gerne eine Perspektive.
In den vergangenen fünf Jahren ist es immer schwieriger geworden, geeigneten Nachwuchs zu finden. Der demographische Wandel ist für uns deutlich spürbar. Außerdem fegen die großen Konzerne den Markt für gute Auszubildende leer. Bei den Bewerbern, die sich bei uns melden, mangelt es häufig an Allgemeinbildung. Wir machen Einstellungstests, die auf logisches, mathematisch-technisches und räumliches Denken abzielen. Ich bin oft erschrocken über die Ergebnisse. Der doppelte Jahrgang der Schulabgänger 2013 wird für uns keine Verbesserung bringen. Denn danach gehen die Schulabgänger-Zahlen zurück. Eine alarmierende Situation für Unternehmen. Viele Migrantenkinder haben es noch schwer, eine Ausbildung zu finden. Die Firmen werden feststellen: Die brauchen wir!“