Essen. . Wer, bitte, ist Steffi Graf? Dieser Frage ging SWR-Reporter Friedrich Bohnenkamp nach. Die Gräfin selbst, das ehemalige Tennis-Wunder, zierte sich. Bohnenkamp jedoch blieb dran. Belohnung: Zeitzeugen gaben verblüffende Antworten.

Friedrich Bohnenkamp hätte sich das Leben leichter machen können in den letzten eineinhalb Jahren. Hätte einen Fußballer porträtieren können oder einen Leichtathleten. So wie er es schon mit dem Zehnkämpfer Frank Busemann gemacht hat. Aber es musste eine Tennisspielerin sein. Und nicht irgendeine, sondern Steffi Graf (SWR, Mittwoch, 22.30 Uhr), bei der Journalisten meist so willkommen sind wie eine Ameisen-Kolonie beim Sommer-Picknick. Steffi Graf, über die es bis heute keine autorisierte Biografie gibt, geschweige denn eine TV-Dokumentation.

Aber Bohnenkamp wollte Graf. Weil sie Badenerin ist. Er arbeitet für den SWR. „Da lag das nahe“, sagt er. Schon weil es in diesen Tagen 25 Jahre her ist, dass Graf ihr erstes Grand-Slam-Turnier gewann. Vielleicht aber auch, weil Bohnenkamp gebürtiger Westfale ist. Ein Dickkopf. Aus Bielefeld, wo er bei einer Regionalzeitung als Sportjournalist arbeitete, bevor er zum Fernsehen ging. Erst wieder in den Sport, mittlerweile in die Kultur.

Gesehen hat er sie oft. Früher bei den French Open, von denen er berichtete. Gesprochen hat er sie nie. 2010 bittet er um ein Interview. Erst heißt es nein, dann vielleicht, irgendwann ja. Termin offen. „Jeden Tag habe ich auf eine E-Mail von ihrem Management gehofft.“

Doch der 56-Jährige nutzt das lange Warten. Er kennt viele, die Steffi einst kannten. Wen er nicht kennt, den kennt Volker Kottkamp, sein früherer Chef und langjähriger Tenniskommentator beim SWR. „Türöffner“ nennt Bohnenkamp ihn wegen seiner guten Kontakte.

Der Filmemacher trifft sich mit Gabriela Sabatini, Marina Navratilova, Boris Becker, Ion Tiriac, Bundestrainerin Barbara Rittner oder Trainer Heinz Günthardt. Aber auch mit weniger bekannten Insidern wie Tennis-Fotograf Paul Zimmer, der die einstige Weltklasse-Spielerin seit ihrem achten Lebensjahr als Journalist und enger Freund begleitete. Und er sichtet Bildmaterial. Fotos, TV-Berichte, Nachrichten. Nicht nur das, was jeder kennt. Bohnenkamp: „Ich habe gesucht, was in den Archiven in der Ecke liegt.“

Als Steffi Graf schließlich nach vielen Monaten doch absagt, findet Bohnenkamp das „schade“, nimmt ihr das „persönlich aber nicht übel“ und macht trotzdem weiter.

Am Ende hat er einen Film, der in fast 100 Minuten zeigt, wie aus dem schlaksigen Mädchen von einst eine bis heute bewunderte Frau wird. 100 Minuten, die nicht nur die Sportlerin Steffi Graf beleuchten, sondern auch den Menschen, der dahinter steht. 100 Minuten, die an die Triumphe ebenso erinnern, wie an die dunklen Stunden im Leben der gebürtigen Mannheimerin.

So ist der Zuschauer am Ende froh darüber, dass Bohnenkamp sich das Leben in den vergangenen eineinhalb Jahren nicht leichter gemacht hat. Aber auch ein wenig verwundert, dass der Lohn seiner Mühen es nicht ins Erste geschafft hat, sondern vom SWR im Nachtprogramm versteckt wird.