London.. Vor fünf Jahren ist das Mädchen Madeleine McCann spurlos aus einer Ferienanlage in Portugal verschwunden. Nun schürt Scotland Yard neue Hoffnungen.
Die vermisste Madeleine McCann ist mit großer Wahrscheinlichkeit noch am Leben. Das glaubt Scotland Yard, deren Task Force „Grange“ zurzeit das gesamte Material des Falls durchkämmt.
Vor fünf Jahren ist das Mädchen spurlos aus einer Ferienanlage an der Algarve verschwunden. Jetzt will Kriminalkommissar Andy Redwood in einer sensationellen Wende „195 echte, neue Hinweise“ gefunden haben.
Marokko, Indien, Australien – Dutzende Male schon haben Menschen überall auf der Welt geglaubt, Maddie gesehen zu haben. Dutzende Male mussten die niedergeschlagenen Eltern am Ende einen Fehlalarm einräumen. Wenn Scotland Yard jetzt von der „allerbesten Chance auf Lösung des Falls“ spricht, dann ist Kate und Gary McCann zu wünschen, dass sie sich nicht wieder umsonst Hoffnung machen müssen. Konkrete Ergebnisse gibt es nämlich immer noch keine.
28 Polizisten sind Vollzeit in der Maddie-Task-Force beschäftigt
100 000 Seiten Material lässt Ermittler Redwood seit einem Jahr von seinem Team durchforsten. 28 Polizisten sind Vollzeit in der Maddie-Task-Force beschäftigt, sieben private Spürnasen unterstützen die Auswertung. „Dies ist das erste Mal, dass Ergebnisse der portugiesischen, britischen und der privaten Ermittler der McCanns wie ein großes Puzzle an einem Ort zusammengeführt werden“, so Redwood gestern in London. Man sei „frisch und offen“ an den Fall herangegangen – und ist zuversichtlich: „Ich glaube ernsthaft, dass Madeleine noch lebt.“
Ein Viertel des Materials hat die Task Force bereits durchkämmt. Dabei sind nach Angaben des Kommissars 195 neue, vielversprechende Fährten gefunden worden.
Madeleine verschwand kurz vor ihrem vierten Geburtstag
Madeleine war drei Jahre alt, es war kurz vor ihrem vierten Geburtstag, als sie aus der Familien-Suite des Hotels „Ocean Club“ in Praia da Luz verschwand. Kate and Gary McCann hatten das Kind ohne Aufsicht und zusammen mit jüngeren Zwillings-Geschwistern im Zimmer gelassen, um in einem benachbarten Restaurant essen zu gehen.
Redwoods neue Spuren führen zurück an diesen Ort an der Algarve. „Wir sind dabei, jeden ausfindig zu machen, der die Hotelanlage zwischen dem 28. April und 3. Mai 2007 betreten hat“, so der Ermittler. „Unsere minutiöse Überprüfung des fraglichen Abends hat ein Zeitfenster aufgeworfen, in dem das Kidnapping durch einen Fremden durchaus möglich war.“
Neues Phantombild, angepasst an ihr mögliches, heutiges Aussehen
Ein neues Phantombild von Maddie, angepasst an ihr mögliches, heutiges Aussehen, soll Scotland Yard den entscheidenden Hinweis bringen. Der fehlt nämlich auch kurz vor dem fünften Jahrestag ihres Verschwindens noch immer. „Die Wahrscheinlichkeit, dass Maddie noch lebt, ist groß“, räumt Redwood ein. „Aber wir sind dringend auf Mithilfe angewiesen.“
Die Kooperation der Justiz in Portugal ist Redwoods zweites großes Problem. Ob der Fall neu aufgerollt wird, hängt nicht etwa von Scotland Yard, sondern den Amtskollegen in Südeuropa ab. Und dort hält sich die Sympathie für die McCanns in Grenzen.
Eltern unter Verdacht
„Jeder hier glaubt, dass ich einen Vater und eine Mutter verteidige, die ihre Tochter umgebracht und entsorgt haben“, klagt Isabel Duarte, die portugiesische Anwältin der McCanns, gegenüber einem US-Fernsehsender.
Dass die britischen Beamten sich überhaupt des „kalten“ Falls angenommen haben, hat das Ärztepaar Premierminister David Cameron zu verdanken. Er ließ die Task Force bei Scotland Yard 2010 einsetzen, nachdem das Boulevardblatt „Sun“ ihn per Leitartikel auf der Titelseite zu mehr Engagement aufgefordert hatte. Seit Maddies Verschwinden, so rechnen britische Medien, hat der Fall den Steuerzahler auf der Insel umgerechnet 2,5 Millionen Euro gekostet.
Polizei in Portugal ist kritisiert worden
Weil ein Leichenspürhund in der Ferienwohnung angeschlagen hatte, waren die Eltern 2007 selbst unter Verdacht geraten. Doch weder die Ermittlungen gegen sie noch gegen Robert Murat, einen Briten, der in der Nähe des Hotels lebte, führten zum Durchbruch. Vor allem die Polizei in Portugal ist wegen lückenhafter und schleppender Nachforschungen kritisiert worden. In Großbritannien hingegen musste die erstaunlich gefasst wirkende Kate McCann viele Vorwürfe wegstecken. Über ihre Zeit als wohl meistgehasste Mutter des Königreiches hat sie ein Buch herausgebracht, das auch auf Deutsch erschienen ist.