Essen. Die deutsche Hochspringerin Adriane Friedrich hat mit ihrem Vorgehen die Diskussion um Täter- und Opferschutz angeregt. Opfer werden demnach bei sexueller Belästigung zu wenig geschützt, die Polizei würde nicht reagieren. Auf der anderen Seite wird Friedrich der Selbstjustiz beschuldigt.

Adriane Friedrich, deutsche Top-Hochspringerin und Kommissarin, hat eine an sie gerichtete sexuell belästigende Mail veröffentlicht. Mit der Nennung des vollständigen Namens und Wohnorts des angeblichen Absenders sei sie zu weit gegangen, schreibt Redakteur Frank Preuß in seinem Kommentar.

Die DerWesten-Nutzer diskutieren jetzt, ob ihr Verhalten richtig ist.

Der Nutzer Jogger15 erklärt, dass Opfer werde „wie immer“ zum Täter gemacht, leider. „Die Frau wird nicht zur Täterin gemacht, sondern sie ist Täterin“, antwortet jmeller. Friedrich sei erst Opfer und danach Täter gewesen. Das schließe sich auch nicht gegenseitig aus, entgegnet jmeller in seinem Kommentar. Außerdem betont er, dass es zwei Leute mit dem gleichen Namen in dem Wohnort des Mail-Absenders gebe. So schade die Veröffentlichung nicht nur dem Absender, sondern auch einer völlig unschuldigen Person Schwierigkeiten bereiten.

Polizistin stelle sich über Rechtssystem

„Unser Rechtssystem basiert darauf, dass niemand Selbstjustiz verübt, ohne Wenn und Aber“, stellt MisterStringer klar. Nutzer popeye2 stimmt ihm zu: „Hier stellt sich eine ausgebildete Polizistin über unser Rechtssystem. Das ist Unrecht, und Unrecht kann man nicht mit Unrecht aufheben“. Burkinho09 ist froh, dass das Volk am Ende nicht die Urteile zu fällen hat. Auch ein Täter habe das Recht, sich zu verteidigen und seine Unschuld zu beweisen. Das habe nichts mit Täterschutz zu tun, sondern mit unserem gut begründeten Rechtssystem. Dabei verweist Burkinho09 darauf, dass „Gepflogenheiten aus dem düstersten Mittelalter nicht mehr Bestandteil der Strafverfolgung sind“.

Ariane Friedrich war es zu viel. Sie veröffentlichte kurzerhand eine sexuell belästigende Nachricht und den Namen, sowie Wohnort des Absenders.
Ariane Friedrich war es zu viel. Sie veröffentlichte kurzerhand eine sexuell belästigende Nachricht und den Namen, sowie Wohnort des Absenders. © imagosport

Neben den Kritikern gibt es noch diejenigen, die die Grenze zur Selbstjustiz nicht überschritten sehen. Sie habe niemanden gerichtet, sondern nur „darauf verwiesen, dass sie keinerlei Interesse hat, anderer Leute Genitalien zu betrachten“, stellt lass_mal_laufen fest. Auch khokamoya kann Adriane Friedrichs Entschluss zur Veröffentlichung der Mail verstehen: „Es hilft einem doch sonst keiner, bevor nicht etwas passiert. Vor allem nicht die Polizei“. Zustimmung erfährt diese Position von Jaqueline1970. Friedrich wisse als Kommissarin, was nach einer Anzeige wegen Stalkings passieren wird: „Nämlich nichts“.

„Auch Menschen mit seltsamen sexuellen Neigungen haben Persönlichkeitsrechte“

In seinem Kommentar fragt sich helmei, welche Wirkung das Vorgehen von Friedrich habe. Nun stehe sie im Fokus der Öffentlichkeit, und Nachahmer des Täters würden sicher nicht mit Klarnamen auftreten. Er hält fest, dass auch Personen mit seltsamen sexuellen Neigungen Persönlichkeitsrechte hätten, und fragt sich, was gegen eine Anzeige gesprochen hätte. Außerdem könne sich Friedrich nicht sicher sein, dass der angegebene Absender auch tatsächlich der Verfasser sei, stellt vitocorleone fest. In seinem Kommentar schreibt er auch: „Vielleicht haben wir doch nichts aus dem Fall Emden gelernt…“.