Rasquera. . Die Schuldenkrise macht ein Dorf in Katalanien erfinderisch. Ausgerechnet ein Kifferclub soll die klammen Kassen füllen. Dieser bietet 650.000 Euro Pacht jährlich für einen Acker. Darauf soll Cannabis zum Eigenbedarf angebaut werden. Die Mehrheit der Dorfbewohner ist dafür.

Was tut der Bürgermeister eines kleinen katalanischen Orts, wenn ihm mitten in der Finanzkrise die Gemeindeschulden bis zum Hals stehen? Er denkt über ein unmoralisches Angebot nach. Der Kifferverein ABCDA aus Barcelona bot dem Dorf Rasquera im März 650.000 Euro jährliche Pacht für einen Acker sowie die Aussicht auf die Schaffung von bis zu 40 Arbeitsplätzen, wenn dort ein Cannabisfeld für den Eigenbedarf entsteht. Die Mehrheit der 960 Dorfbewohner befürwortete in dieser Woche bei einer Abstimmung das ungewöhnliche Projekt, aber die vom Bürgermeister gewünschten 75 Prozent Zustimmung kamen nicht zustande.

Kifferclub will rechtliche Grauzone nutzen

Der Besitz kleiner Mengen Marihuana ist in Spanien legal, der Handel dagegen verboten. Über Hobbygärtner sagt das Gesetz, dass der Anbau von für den Handel bestimmtem Cannabis illegal ist. Wer für den Eigenbedarf Cannabis pflanzt, bewegt sich in einer rechtlichen Grauzone, und genau in die will ABCDA stoßen. Bürgermeister Bernat Pellisa aus Rasquera ist überzeugt, nicht illegal zu handeln, wenn er den 5.000 organisierten ABCDA-Mitgliedern die heimische Scholle und die Arbeitskraft seiner Schützlinge zur Verfügung stellt.

Die Schulden der Gemeinde im Südwesten Kataloniens wären in zwei Jahren getilgt, und im Land mit der höchsten Arbeitslosigkeit in der Eurozone gäbe es sicherlich genügend Menschen, die sich als Hanfbauern versuchen würden. Fast jeder vierte Spanier ist ohne Arbeit, bei den jungen Erwachsenen geht die Arbeitslosenquote auf die 50 Prozent zu.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Aber selbstverständlich gibt es auch in Spanien eine Drogenbehörde, und die hat etwas gegen die Pläne von Pellisa. Die Behörde bezeichnete das geplante Cannabisfeld als gewerbsmäßigen Anbau von Rauschgift und erklärte es für illegal. Es werde in jedem Fall verhindert werden, hieß es aus Madrid. Die Staatsanwaltschaft wurde mit Ermittlungen beauftragt. Bei 5.000 Mitgliedern des Clubs sei es kaum möglich, die ausschließliche Verwendung zum Eigenbedarf sicherzustellen. Dagegen sagte Pellisas Berater Jose Maria Insausti, der Anbau der Pflanzen sei eine „gute Lösung für die Förderung der örtlichen Wirtschaft, und wenn jemand eine bessere Idee hat, nehmen wir sie gerne“.

Bürgermeister Pellisa wusste wohl, dass er sich einer breiten Mehrheit seiner überwiegend aus Rentnern bestehenden Bevölkerung versichern musste, wenn er die ungewöhnliche Idee gegen die Behörden in Madrid durchsetzen wollte. So verknüpfte er sein politisches Schicksal mit einer gewagten Abstimmung: Nur wenn drei Viertel der Wahlberechtigten hinter ihm stünden, würde der Plan vom Cannabisfeld durchgezogen. Andernfalls kündigte er seinen Rücktritt an.

Mit 308 Jastimmen gegen 239 negative Voten schaffte Pellisa es zwar, die Mehrheit der Dorfbewohner hinter sich zu bringen, aber das hochgesteckte Ziel von 75 Prozent wurde verfehlt. Trotzdem wolle der Stadtrat darüber beraten, ob die Gemeinde an den Plänen des Cannabisanbaus festhalten wird, sagte Insausti. (dapd)