Berlin. Das Beste kam zum Schluss. Aber schon der Anfang war nicht übel. Bei der 21. Verleihung des Echo in der Berliner Messe-Halle kassierte Udo Lindenberg gleich der zwei Musikpreise. Die Moderatorinnen Ina Müller und Barbara Schöneberger knutschten wie Britney Spears und Madonna. Ehrenpreis für Niedecken.

Udo Lindenberg, die 65-jährige Deutschrock-Ikone – Schlapphut, Sonnenbrille, Fantasie-Uniform – swingte sichtlich erfreut zur Bühne: „Hinterm Lebenswerk geht’s weiter“, nuschelte „Panik-Udo“, wie er auch genannt wird, rockte gemeinsam mit Kumpel Jan Delay (35) als Dankeschön „Reeperbahn“ und entschwebte per Helikopter zur nahe gelegenen 02-World zum Arbeitseinsatz vor 17 000 feierwütigen Fans.

Echo-Verleihung beginnt mit MTV-Zitat

Überhaupt hatte die Deutsche Phono-Akademie bei der Gala dick aufgetragen. Ein Medley deutschsprachiger Nominierter zum Auftakt der Show, dazu eine Marching Band, die in zwei Abteilungen in die Halle stapfte, an der Spitze jeweils eine der beiden Echo-Moderatorinnen, Ina Müller (46) und Barbara Schöneberger (37).

Die beiden TV-Frauen hatten schon im Vorfeld klar gemacht, dass sie „Powerfrauen“ für das Unwort des Jahres halten. Sie standen mächtig unter Strom, streuten angestrengte Comedy-Gags unters Volk und zitierten eine Geste, die vor Jahren bei einer MTV-Gala ein Aufreger war: Frau küsste Frau.

Barry Manilow wollte sich von Barbara Schöneberger nicht mitziehen lassen

Ein bisschen politisch unkorrekt durfte, ja musste es bei der Echo-Preisverleihung sein. Immerhin lebt die Musikindustrie immer noch davon, dass sie einst der Hort der jungen Wilden war. Für Wildheit stehen die harten Jungs von Rammstein, die zwei Echos als erfolgreichste deutsche Band im Ausland und als beste Band in der Kategorie Rock/Alternative National einsäckelten. Auch Düsseldorfs Tote Hosen gelten als immer noch als wild, na ja ein bisschen jedenfalls. Campino & Co. ließen sich die Gelegenheit nicht entgehen, ihre neue Single „Tage wie diese“ vorzustellen. Auch US-Star Kate Perry präsentierte Neues bei der Branchen-Sause: ihr Stück „Part of Me“, ein Stück von mir.

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Alt-Star Barry Manilow allerdings wollte sich nicht von Barbara Schöneberger vereinnahmen lassen. Die Show-Band stimmte Manilows „Copacabana“ an, Schöneberger sang die ersten Zeilen des Klassikers, aber der 68-Jährige schwieg. Brav begrüßte Manilow Helene Fischer, die sichtlich aufblühte, als sie den vierten Echo ihrer Karriere entgegen nahm. Beschwingt bedankte sich die Schlagersängerin für den Preis.

Andreas Gabalier schlägt Kastelruther Spatzen

Für eine Überraschung beim Echo 2012 sorgte der Österreicher Andreas Gabalier. Der 25-jährige Alpen-Elvis hat die Volkmusik-Szene derart aufgemischt, das die Echo-Abonnenten Amigos und Kastelruther Spatzen nicht zum Zuge kamen. Ina Müller war angetan, bat zum Spontan-Duett.

Kurz darauf hatte die Moderatorin selbst etwas zu feiern. Sie erhielt nicht nur einen Medien-Echo für „Inas Nacht“, sondern auch einen Preis als beste Künstlerin Rock/Pop national.

Richtig laut wurde es beim gemeinsamen Auftritt des US-Schockrockers Marilyn Manson mit der deutschen Erfolgsgruppe Rammstein.

Bewegender Moment mit Wolfgang Niedecken

Nur ein Echo-Preisträger stand bereits vor der Party fest. BAP-Gründer Wolfgang Niedecken erhielt einen Echo für sein Lebenswerk. Der Kölsch-Rocker, bald 61, saß im Publikum. Ein Schlaganfall hatte ihn voriges Jahr außer Gefecht gesetzt. Sein letzter öffentlicher Auftritt war "verdamp lang her". Campino rühmte das Lebenswerk des Freundes, musikalisch und politisch. Niedecken standen Tränen in den Augen.

Der Liedermacher bedankte sich bei seiner Familie, allen voran seiner Frau, seinem „Schutzengel“. Er sprach souverän, stand anschließend auf der Bühne, ganz wie früher, umgeben von jungen Kollegen, und doch war etwas anders. Niedeckens Gesicht hat sich verändert. Nach dem Schlaganfall hatte er gekämpft, gesiegt. Über sein Gesicht huschte ein Lächeln.