Berlin/Essen. Die katholische Kirche hat ihre gesellschaftliche Relevanz weitgehend verloren. Zu diesem Schluss kommt der CDU-Politiker und Katholik Heiner Geißler. In einem Interview wirft er der Amtskirche vor allem ihre rigide Haltung zu Sexualität und Schwulen vor.
"Die katholische Kirche spielt in der Gesellschaft keine Rolle mehr" - zu diesem Urteil kommt der CDU-Politiker Heiner Geißler. In einem Interview mit "Cicero" wirft Geißler der Amtskirche vor, sie habe sich "vom Leben abgemeldet". Geißler, der von Jesuiten ausgebildet wurde und in seiner Jugend selbst über einen Lebensweg im Kloster nachdachte, greift die Kirche in dem Interview scharf an. Kernpunkte sind dabei die Missbrauchsfälle in Kirche und kirchlichen Institutionen sowie die rigide katholische Sexualmoral.
Die Kirche, so Geißler, konzentriere sich zu derzeit sehr auf das Thema Sexualität. Dadurch sei in ihr "eine besondere Mentalität entstanden": Aussagen, die Homosexualität zur Sünde erklären, hätten "einen verheerenden Eindruck erzeugt und katholische Homosexuelle, vor allem homosexuelle Priester in den Dunkelbereich der Lüge und Vertuschung getrieben", so Geißler.
Overbeck bezeichnete Homosexualität als Sünde
Vor zwei Jahren hatte beispielsweise der Essener Bischof Franz Overbeck den traditionellen Blick der Kirche auf Sexualität betont: „Homosexualität ist eine Sünde. Das widerspricht der Natur von Mann und Frau“, sagte er im April 2010 in der Talkshow "Anne Will".
Geißler kritisiert zudem, der Vatikan blende die politische Dimension des Evangeliums aus. "Dies führt dazu, dass die katholische Kirche in der Gesellschaft keine Rolle mehr spielt", diagnostiziert er.