Remscheid/Luxemburg. . Weil er keinerlei Willen habe, sich in Deutschland zu integrieren, soll ein Italiener ausgewiesen werden. Er hatte von 1990 an über mehr als zehn Jahre die minderjährige Tochter seiner Lebensgefährtin missbraucht und vergewaltigt.
Er ist Italiener und lebt schon seit 1987 in Remscheid. Und nun droht ihm die Ausweisung. Wie ist das möglich? Wer eine schwere Straftat begeht, verwirkt unter Umständen sein Aufenthaltsrecht im EU-Ausland. Das ergibt sich aus einer aktuellen Stellungnahme des Europäischen Gerichtshofs zum Fall des Mannes, der in Nordrhein-Westfalen eine Gefängnisstrafe wegen Kindesmissbrauchs absitzt und Ende 2013 freikäme.
Der Mann, nur identifiziert als „P.I.”, habe keinerlei Willen, sich in seiner Wahlheimat zu integrieren, argumentiert der Gutachter, der Generalanwalt des EU-Gerichts in Luxemburg. Damit genieße er auch keinen besonderen Schutz gegen Ausweisung. Die Stadt Remscheid will ihn nach Italien zurückschicken.
Öffentliche Sicherheit
Der Italiener war im Mai 2006 zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte von 1990 an über mehr als zehn Jahre die minderjährige Tochter seiner Lebensgefährtin missbraucht und vergewaltigt. Nach Ansicht der deutschen Behörden hat er wegen der Rückfallgefahr sein besonderes Aufenthaltsrecht als Bürger der Europäischen Union eingebüßt. Unionsbürger dürfen sich prinzipiell überall in der EU aufhalten und niederlassen. Wenn sie schon länger als zehn Jahre ununterbrochen in einem EU-Land leben, können sie nur noch aus „zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit” ausgewiesen werden. Solche Gründe liegen nach Ansicht des Generalanwalts Yves Bot im gegebenen Fall zwar nicht vor -- es gebe keine Hinweise, dass es sich bei dem italienischen Gefangenen um einen Serientäter wie Dutroux handle, der eine ständige Gefahr für die Allgemeinheit darstelle. Trotzdem verbürge das EU-Recht dem Mann keinen Anspruch, weiter in Deutschland zu bleiben.
Empfehlung an das Gericht
Das einschlägige EU-Gesetz gewähre nämlich den Schutz vor Ausweisung nur dem, der sich um Integration bemühe. Bei P.I. zeige sich hingegen das „völlige Fehlen eines Willens, sich in die Gesellschaft … zu integrieren”. Wenn seine Untaten früher entdeckt worden wären, wäre er womöglich lange vor Ablauf der zehn Jahre abgeschoben worden, erklärt Bot. Der Schlussantrag des Generalanwalts ist eine Empfehlung an das Gericht. Es ist daran nicht gebunden. Die meisten Urteile entsprechen aber dem Gutachten des Generalanwalts.