Weißenfels. Drama in Sachsen-Anhalt: zwei Geschwister wurden als vermisst gemeldet, das Mädchen konnte nur noch tot aus der Saale geborgen werden. Nach ihrem sechsjährigen Bruder suchen nun hunderte Einsatzkräfte.

Nach dem Fund einer toten Fünfjährigen in der Saale in Weißenfels im südlichen Sachsen-Anhalt läuft die Suche nach ihrem vermissten sechs Jahre alten Bruder auf Hochtouren. "Wir haben die Hoffnung nicht aufgeben, ihn noch lebend zu finden", sagte Revierleiter Mario Schwan am Sonntag in Weißenfels. Die Suche nach dem Schüler auf der Saale, am Ufer und in angrenzenden Wäldern und Parks wurde weiter fortgesetzt. "Wir suchen weiter und wollen Gewissheit haben", sagte Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos). Laut Polizei gibt es keine Hinweise auf ein Verbrechen. Alles deute auf einen Unfall hin.

174 Einsdatzkräfte suchen den Jungen

Am Sonntag waren 174 Kräfte von Polizei, Feuerwehr, Deutscher Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und Technischem Hilfswerk (THW) im Einsatz, am Samstag waren es 146, wie Schwan weiter sagte. Rettungshundestaffeln kamen aus, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Boote und Hubschrauber wurden eingesetzt.

Die Mutter hatte die beiden Kinder laut Polizei am Samstagnachmittag um 15.50 Uhr als vermisst gemeldet, nachdem diese nicht vom Spielen zurückgekommen waren. Bei der Suche wurde das Mädchen tot vor einem Wehr an einem Einlass zu einem Wasserkraftwerk entdeckt.

Die Saale wurde am Sonntag nach Angaben der Rettungskräfte von Weißenfels bis ins 44 Kilometer flussabwärts gelegene Halle sowohl aus der Luft als auch von Booten aus abgesucht. Auch Sonartechnik und Tauchroboter wurden eingesetzt, weil der Fluss stellenweise noch von einer 20 Zentimeter dicken Eisschicht bedeckt ist. Mit einem sogenannten Wasserhund befuhren Einsatzkräfte der DLRG in einem Boot die Saale. Solche Hunde können den Angaben zufolge Geruchsspuren aus dem Wasser aufnehmen, die von einem Leichnam ausgehen können.

Kreisbrandmeister Hans Schubert sprach vom größten Einsatz in seinen neun Dienstjahren als Chef der Feuerwehr im Burgenlandkreis. Gegen solch ein Unglück mit Kindern sei "ein Unfall auf der Autobahn nichts", sagte er. Sollte der Junge ins Wasser gefallen sein, sei die Überlebenschance sehr gering. Das Wasser der Saale hat aktuell eine Temperatur von vier Grad. Spezialisten wollten noch die Fließgeschwindigkeit des Flusses errechnen.

Noch besteht Hoffnung

Die Polizei hofft derweil, dass der Junge noch am Leben ist. Möglich sei, dass er sich aus Angst und Schuldgefühlen versteckt halte. Polizeisprecher Jörg Bethmann sagte, wenn der Junge gesehen habe, wie seine Schwester in den Fluss gestürzt sei, könnte er das Unglück auf sich selbst beziehen und denken, dass er Schuld daran trage. "Ich weiß nicht, welche Ängste das Kind hat", sagte er.

Einen für Sonntag geplanten Karnevalszug sagte die Stadt Weißenfels am Vormittag ab. Am Nachmittag versammelten sich Einwohner der Stadt in der Marienkirche zu einer Andacht und wollten damit Anteil am Schicksal der Familie nehmen. Auf diesen Gottesdienst hätten die Bürger der Stadt über Facebook und Twitter gedrungen, sagte der Oberbürgermeister. Einwohner hätten sich in der Nacht zum Sonntag mit Taschenlampen an der Suche beteiligt.

Die Mutter der beiden Kinder wird nach Angaben der Rettungskräfte medizinisch und psychologisch betreut. Die Kinder haben den Angaben zufolge noch drei ältere Geschwister. Der Junge besucht die erste Klasse einer Grundschule, die Schwester ging in eine Kindertagesstätte. Bürgeramtsleiter Maik Trauer sagte, die Kinder kämen aus "einfachen sozialen Verhältnissen". Die Mutter habe sich stets um ihre Kinder bemüht und besorgt. Die Eltern lebten getrennt. (dapd)