Essen. . Überstunden, Leistungsdruck, mangelnde Sicherheit. Unter diesen Bedingungen leiden Arbeiterinnen und Arbeiter in chinesischen Spielzeugfabriken. Menschenrechtler sagen: Eine Mitschuld haben die deutschen Auftraggeber.

Kuschelige Teddybären, lächelnde Barbiepuppen und bunte Bauklötze: An Heiligabend freuen sich jedes Jahr tausende Kinder mit leuchtenden Augen über die Geschenke vom Christkind. Dass den Teddy nicht das Christkind gebastelt hat, wissen die Kleinen nicht. Auch vielen Eltern dürfte nicht bewusst sein, dass das flauschige Kuscheltier wahrscheinlich eine junge Arbeiterin im fernen China zusammengenäht hat.

In Deutschland werden etwa 70 Prozent der Spielwaren importiert. Die Hälfte davon kommt aus China. Die Aktion ‘fair spielt’ hat nun die Arbeitsbedingungen in den Spielzeugfabriken in Fernost kritisiert. „Arbeitszeiten von 70 Stunden pro Woche sind eher die Regel als die Ausnahme“, sagt Uwe Kleinert, Koordinator von "fair spielt". Zu den Trägern der Initiative gehören u. a. das Hilfswerk Misereor und die Katholische Arbeitnehmerbewegung.

Spielzeugproduktion läuft vor Weihnachten auf Hochtouren

Durch Arbeitszeiten von 14 Stunden am Tag komme es vermehrt zu Arbeitsunfällen. Das sei nicht das einzige Problem. „Überstunden werden häufig nicht bezahlt“, sagt Elisabeth Strohscheidt von Misereor. Verantwortlich dafür sind laut Kleinert nicht nur die chinesischen Spielzeugfabriken.

„Das Spielzeuggeschäft ist ein Saisongeschäft“, erklärt er. „Vor Weihnachten läuft die Produktion auf Hochtouren. Fast ein Drittel des Jahresumsatzes erwirtschaftet der deutsche Spielzeughandel in den letzten beiden Monaten eines Jahres. „Dann erteilen die deutschen Markenfirmen Aufträge oft in letzter Minute oder fordern Änderungen“, sagt Kleinert. Viele chinesische Lieferanten würden sich über die geforderten Preise und Lieferfristen beklagen.

Mit Hilfe der Einkaufspolitik die Arbeitsbedingungen aktiv beeinflussen – das tun laut ‘fair spielt’ zu wenige Unternehmen. „Das ist vom Ansatz her nicht verkehrt, ist letztlich aber Firmenpolitik“, sagt Ulrich Brobeil vom Deutschen Verband der Spielzeugindustrie (DVSI).

Sicherheit beim Arbeiten ist am wichtigsten

Für menschliche Arbeitsbedingungen bei der Spielzeugherstellung setzt sich der Weltverband der Spielzeugindustrie (ICTI) ein. Die Initiative heißt ICTI-Care. Der Verband zertifiziert Lieferanten, die bestimmte Standards bei den Arbeitsbedingungen erfüllen, und Markenfirmen, die ihre Spielwaren nur von solchen Herstellern beziehen.

„Unser Primärziel ist die körperliche Unversehrtheit der Arbeiter“, sagt Christian Ewert, Präsident der ICTI-Care-Stiftung. „Nur knapp die Hälfte der uns bekannten deutschen Markenfirmen, die im Reich der Mitte produzieren lassen, beteiligen sich an der ICTI-Care-Initiative“, sagt Menschenrechtler Kleinert. „Viele verwechseln Freiwilligkeit mit Unverbindlichkeit“, glaubt er.

Deutscher Spielzeugverband: „Es hat sich schon viel getan“

Die Firma von Ferdinand Cornelißen importiert unter anderem Mini-Plüschtiere, Schlüsselanhänger und Schneekugeln aus Fernost. Nicht alle asiatischen Lieferanten des Berliner Unternehmens sind von ICTI-Care zertifiziert. Ferdinand Cornelißen erklärt, warum: „Alles soll hundertprozentig korrekt sein und zwar am besten sofort“, sagt er. „Das geht aber nicht von heute auf morgen, in China schon gar nicht.“

Andere Unternehmen sagen: „Wir brauchen keinen öffentlichen Kodex, denn wir kennen unsere Lieferanten.“ Das berichtet Ulrich Brobeil vom DVSI. Trotzdem versuche der Verband die Mitgliedsfirmen von der ICTI-Care-Initiative zu überzeugen. Insgesamt sieht Brobeil die Situation in der deutschen Spielzeugindustrie positiv. „Es ist eine tolle Sache, dass es überhaupt einen Kodex gibt“, findet er. „Die Sportartikelbranche beneidet uns darum.“

Kodex hin oder her: Die Kinder, die hierzulande am 24. Dezember unter dem Weihnachtsbaum ihren Teddy auspacken, interessiert nur eines: Hauptsache der flauschige Freund ist niedlich und weich.