Essen. . Götz George muss als pensionierter Staatsanwalt einen 20 Jahre zurückliegenden Kindermord klären. „Nacht ohne Morgen“ ist ein Lichtblick im Programm, der an diesem Mittwoch, 20.15 Uhr in der ARD zu sehen ist. Regisseur Andreas Kleinert hat ein kühles Psychodrama, mit grandiosen Schauspielern.

Vielleicht gehört es ja zu den Grundzügen der Menschen, dass sie am Lebensende die Dinge in Ordnung bringen wollen. Selbst wenn es unangenehme Wahrheiten berührt. Götz George spielt einen pensionierten Staatsanwalt, den der Krebs auffrisst und der einen 20 Jahre zurückliegenden Mord an einem Jungen aufklären will. Das könnte für einen gut gemachten Thriller taugen. Andreas Kleinert hat jedoch mehr im Sinn als den Oberflächenreiz eines Krimis und präsentiert „Nacht ohne Morgen“ (ARD, Mittwoch, 30.11., 20.15 Uhr) als kühles Psychodrama. Ein Schuld- und-Sühne-Stoff bester Qualität.

Ein erlesenes Ensemble macht ihm das Leben leicht. George spielt den alten Herrn namens Jasper Dänert, eine zerrissene Persönlichkeit, die sich aus dem großbürgerlichen Luxus heraus noch ein letztes Mal aufrafft, so still und zurückgenommen und so frei von seinen Marotten, dass man ihn kaum wiedererkennt. Kleinert bringt die große Klasse des Schauspielers wie bereits in „Mein Vater“ voll zur Wirkung.

ARD-Drama ist in einer Ruhe inszeniert, die man in Filmen heute nur noch selten findet

Mit Barbara Sukowa steht ihm eine Ebenbürtige gegenüber. Sie spielt seine desillusionierte Frau, die sich in eine Affäre mit Jaspers Arzt (Jeroen Willems) geflüchtet hat, in der sie ihre Lebensenttäuschung ertränken will. Sie wird nicht begreifen, was ihren Mann umtreibt.

Und die junge, hochtalentierte Fritzi Haberland mischt als Polizistin Larissa Brandow die spröde Szenerie mit jugendlicher Leichtigkeit und sympathischer Unbefangenheit auf. Eine Art, die den Sterbenden für sie einnehmen muss.

Larissa fand einst als Kind die Leiche des Jungen und verspürt wenig Lust, diesen Schrecken noch einmal an sich heranzulassen. Dem Staatsanwalt a.D. gelingt es mit seiner ruhigen Beharrlichkeit indes, sie einzufangen, sie dazu zu bringen, die Ermittlungen noch einmal aufzunehmen.

Andreas Kleinert inszeniert das in einer Ruhe, die man in Filmen heute nur noch selten erlebt. Effekte sind ihm selbst im spannenden Finale zuwider, er nähert sich dem Drama aus Lebenslügen und Reinwaschungsversuchen langsam und gründlich. Dabei findet sein Kameramann Johann Feindt in der brandenburgischen Einöde intensive Bilder.

Der Pool trägt Trauer

Die triste Gegend, so scheint es, ist nach 20 Jahren Mauerfall immer noch vergessen und sich selbst überlassen. Der Herbst ist eingezogen, selbst der Swimmingpool vor dem Haus trägt Trauer. Das Wasser ist abgelaufen, Blätter bedecken den Boden. Es gibt kein Entrinnen vor der Düsternis.

Keine Frage, das ist kein leicht verdaulicher Happen, wie man ihn um diese Uhrzeit so oft serviert bekommt. Aber wer sich darauf einlässt, der wird mit einem großen Fernsehfilm belohnt. Einer, für den man seine Gebühren gerne zahlt. Im Krawallprogramm von RTL oder Sat.1 bekäme so ein Juwel keine Chance.