Witten. . Mit den richtigen Farben und Materialien fühlen sich die Mitarbeiter wohl – und ihre Leistung steigt, sagen Experten.

Man kann ja so viel falsch machen. Weiß zum Beispiel: Im Büro eine Farbe des Grauens. „Weiß ist der Tod jeder Gemütlichkeit. Es bedeutet Verzicht und blanken Purismus“, sagt Axel Venn. Der 68-jährige Berliner ist Professor für Farbgestaltung und Experte für Stil und Ästhetik. Er will Büros in Wohlfühl-Orte verwandeln. Zwischen Akten und Rollcontainern soll Platz für Behaglichkeit bleiben. Dann klappt’s auch mit den Mitarbeitern.

Venn sagt: „Der größte Fehler ist, dass Büros wie Büros gestaltet werden. Menschen sollten sich gerne darin aufhalten.“ Er geht noch weiter: Falsche Farben können krank machen. Oder zumindest Einfluss nehmen. Auf die Seele, die Stimmung – und auf die Leistungsfähigkeit des Teams. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation liegt die Produktivität der Mitarbeiter bei durchschnittlich 60,2 Prozent. „Mit der richtigen Atmosphäre und stressfreien Performance im Büro kann ich sie steigern“, sagt Andreas Tuschen. Der 42-jährige Wittener richtet Räume ein.

Er hat sich auf Büros und Verwaltungsgebäude spezialisiert. Nebenbei hat er „Connect Sense“ gegründet, um mit Stilprofessor Axel Venn und anderen Experten für Licht und Gestaltung Konzepte für die Büros der Zukunft zu entwickeln und diese dem Fachhandel anzubieten.

Kalt und warm, schwer und leicht, fragil und fest – Farben verursachen Empfindungen und bei vielen Menschen ähnliche Assoziationen. Eine blaue Umgebung lässt uns frieren, das ist schlecht. Rot vermittelt Wärme, das ist gut.

Die Stil-Experten haben einen Plan mit 18 Eigenschaften wie „stimulierend“, „kontrolliert“ oder „praktisch“ entworfen, aus dem renovierungswillige Unternehmer für sie wichtige Begriffe aussuchen können. Jedem Wort sind Farben zugeordnet, die diese Eigenschaften fördern sollen.

„Oft empfehlen sich die Farben der Natur: sanftes Rot, saftiges Grün, warmes Braungold“, sagt Andreas Tuschen. Weiß hat bei den Experten einen schweren Stand. Unter anderem, weil es Unordnung betont. Schreibtisch – ein anderes Wort für Chaos. „Vor einer weißen Wand fällt das Durcheinander besonders auf.“ Man muss sagen, (‘tschuldigung, Herr Tuschen) damit scheint er sich ebenfalls auszukennen. Denn auch auf seinem eigenen Schreibtisch ist die Ordnung ausbaufähig. Der steht vor einer gelben Wand (man sieht’s aber trotzdem).

Weiße Wände, verlorene Kalenderblätter, langweilige Leitz-Ordner. Tristesse. Schön geht anders. Oft zerstört die Funktion die Gestaltung. „Dabei sollte man doch die Mitarbeiter an ihre Büros fesseln und ihnen das Gefühl von Zuwendung und Heimat bieten“, sagt Professor Venn. Er plädiert für Sofas am Arbeitsplatz, für Kaffeeecken, die die Gemeinschaft fördern. Eine Rutsche, eine Schaukel oder einen Tischkicker hält er für „fantastisch“.

Jeder Arbeitsplatz profitiere von spielerischer Qualität. Auch wenn keiner rutschen mag, so fördere allein die Möglichkeit, es tun zu können, Kreativität, Dynamik und Kommunikation. Venn verteufelt Kantiges: „Scharfe Ecken gehen gar nicht. Einen Klotz kann man nicht streicheln. Besser sind runde Elemente, alles, was sanft berührt werden kann.“

Einrichter Andreas Tuschen tun die Augen weh, wenn er an Jalousien denkt, deren einziges Argument der Preis gewesen sein muss. Die so günstig waren, wie sie aussehen. Schnell hängen sie auf halb acht – „schlimm“, sagt Tuschen. Ein schöner Vorhang dagegen bringe Wärme.

Man kann es mit dem Design aber auch übertreiben. Weiß und Hochglanz – es mag schick und stylisch wirken, doch hier wird der Mensch schnell zum Störfaktor der Architektur. Nach dem Motto: nur gucken, nicht anfassen.

Für Chefs gelten eigene Gesetze. Schwarz, Chrom, glänzend – viele Chefs richten sich so ein. Aber: „In dieser Atmosphäre redet kein Mitarbeiter über seine Gefühle“, sagt Andreas Tuschen.

Schwarze Schreibtische bedeuten Unnahbarkeit. Sympathischer kommen Holz oder warme Farben wie Rot rüber. „Schwarz ist die Farbe der spanischen Könige. Es hat etwas Hochherrschaftliches“, erklärt Stilprofessor Venn. Der Schreibtisch liefert ihm wichtige Infos. Zum Beispiel diese: Je weiter der Tisch von der Tür entfernt steht, desto mehr grenzt sich der Chef ab. Da kann der Weg durch den Raum für den Besucher endlos werden. Es sei denn, es gibt eine Rutsche. . .