Oslo. . Der norwegische Attentäter nutzt eine Anhörung in Oslo als öffentliche Bühne. Seine Untersuchungshaft wird um zwölf Wochen verlängert.

Es war ein höchst umstrittenes Signal demokratischer Rechtsstaatlichkeit, als das höchste Gericht Norwegens Anders Behring Breiviks ausdrücklichen Wunsch genehmigte, am Montag persönlich am Anhörungstermin zur Untersuchungshaftverlängerung im Amtsgericht von Oslo teilnehmen zu können.

Breivik, der mit seinen Terroranschlägen vom 22. Juli ganz Norwegen in ein nationales Trauma stürzte, versuchte erwartungsgemäß, den eigentlich nur formellen Untersuchungshaftverlängerungstermin am Montag als Plattform zu nutzen.

Es war das erste Mal, dass sich der seit knapp vier Monaten in völliger Isolationshaft sitzende 32-Jährige der Öffentlichkeit präsentieren durfte. Die Polizei hatte zuvor erklärt, die Voruntersuchung sei soweit abgeschlossen, dass sie keine weitere Isolation des Angeklagten, den sie weiter für einen Einzeltäter halte, beantragen werde.

Eigentlich hätte Anders Behring Breivik lediglich über eine Videoschaltung aus seiner Haftanstalt angehört werden sollen. Die Polizei hatte jedoch vergeblich die enormen Sicherheitsrisiken geltend gemacht, die bei einem Transport Breiviks anstünden. Am Freitag hatte das höchste Gericht entschieden, dass der Angeklagte das Recht habe, an seiner Verhandlung teilzunehmen. Hinterbliebenen-Anwälten kritisierten, Breivik erhalte so die von ihm so dringlich gewünschte öffentliche Bühne.

Dennoch blieb die aggressive Lynchstimmung, die bei der allerersten, noch hinter geschlossenen Türen stattfindenden Vernehmung Breiviks vor knapp vier Monaten bestanden hatte, aus. Die Stimmung im Gerichtssaal blieb während der gesamten Anhörung überraschend ruhig. Auch vor dem Gericht hatte sich diesmal kein zorniger Mob gebildet.

Breivik saß, lediglich von einigen Beamten flankiert, ohne Schutzglas auf der Anklagebank, blickte zumeist auf den Boden, aber ließ seinen Blick auch über die Anhörerbänke gleiten. Dort saßen Überlebende und Hinterbliebene seiner 77 Opfer, zumeist Eltern der verstorbenen, noch jungen Nachwuchspolitiker der Arbeiterpartei.

Die Stille im Saal wurde nicht unterbrochen, als Richter Torkjel Nesheim den Beschuldigten zweimal stoppen musste, weil dieser eine fünfminütige Rede halten wollte. Als der 32-Jährige standardmäßige Angaben zu seiner Person machen sollte, sagte er, er sei „Kommandant einer norwegischen Widerstandsbewegung“. Etwas später wollte sich Breivik direkt an die anwesenden Überlebenden und Hinterbliebenen wenden, doch der Richter stoppte ihn direkt.

Kritik an BreiviksAnwesenheit

Trotz großer Kritik an Breiviks Anwesenheit zeigten sich einige Überlebende hinterher erleichtert. „Meine Unruhe ist einer Erleichterung gewichen“, sagte Magnus Håkansen der Zeitung „VG“.

Breivik bekräftige am Montag ein weiteres Mal, dass er die Anschläge begangen habe, aber nicht schuldig sei. Schließlich sei er ein Kreuzritter, der gegen die islamische Einwanderung im Krieg sei und nur seine Pflicht tue. Zuvor hatte er sein Blutbad an den Jungsozialdemokraten als „scheußlich, aber notwendig“ bezeichnet. Breiviks Untersuchungshaft wurde erwartungsgemäß um zwölf Wochen verlängert. Der Prozess soll voraussichtlich erst „um Ostern“, vermutlich um den 10. April 2012 anlaufen. Das Gericht entschied auch, Breiviks Medienverbot um vier weitere Wochen zu verlängern. Breivik darf jedoch überwachte Besuche empfangen und Briefe schreiben.

Beides wird für die kommenden acht Wochen streng überwacht, dann könnte über weitere Lockerungen verhandelt werden.