L'Aquila. Verbal daneben: Mit einem "Camping-Wochenende" hat Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi die Lage der Erdbebenopfer in den Abruzzen verglichen. Durch das schwere Beben in der Nacht zum Montag mit mindestens 260 Toten verloren rund 17.000 Menschen ihr Zuhause.

Die Gegend um die stark betroffene Regionalhauptstadt L'Aquila wurde auch am Dienstagabend weiter von Nachbeben erschüttert. Diese erschwerten die Bergungsarbeiten. Foto: ap
Die Gegend um die stark betroffene Regionalhauptstadt L'Aquila wurde auch am Dienstagabend weiter von Nachbeben erschüttert. Diese erschwerten die Bergungsarbeiten. Foto: ap © AP

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat die Erdbeben-Notlager in den Abruzzen mit einem Campingurlaub verglichen. Den in Zeltlagern untergebrachten Menschen fehle es an nichts, sagte er dem Fernsehsender n-tv bei einem Besuch vor Ort. Sie hätten warmes Essen und medizinische Versorgung. «Natürlich» sei ihre Unterbringung «absolut provisorisch, aber man muss es eben nehmen wie ein Campingwochenende».

Durch das schwere Beben in der Nacht zum Montag verloren rund 17.000 Menschen ihr Zuhause. Die meisten wurden in Zeltlagern in der Nähe der schwer zerstörten Regionalhauptstadt L'Aquila untergebracht. Die Zahl der getöteten Menschen stieg bis zum Mittwoch Nachmittag auf 260, darunter auch 16 Kinder.

Suche nach Vermissten geht weiter

Derweil setzen die Rettungskräfte ihre Suche nach Verschütteten fort. Die Gegend um die stark betroffene Regionalhauptstadt L'Aquila wurde seit Montag von rund 430 zum Teil starken Nachbeben erschüttert. Diese erschwerten die Bergungsarbeiten.

Am Dienstagabend wurde in L'Aquila ein Mädchen lebend aus den Trümmern geborgen. Die kleine Eleonora habe durch Rufe auf sich aufmerksam gemacht, berichteten die italienische Nachrichtenagentur Ansa und der Fernsehsender Sky TG-24.

Rettung nach 42 Stunden unter den Trümmern

Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi in der Krisenregion. Foto: ap
Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi in der Krisenregion. Foto: ap © AFP

42 Stunden nach dem Beben wurde eine Frau von Rettungsmannschaften lebend aus den Trümmern gezogen. Die Helfer entdeckten die 20-jährige Studentin in den Ruinen eines fünfstöckigen Hauses in der Innenstadt von L'Aquila. Bis auf eine Verletzung am Arm ist die Frau offenbar in guter Verfassung.

Nach Angaben der Zivilschutzbehörde werden noch immer 15 Menschen vermisst. Unter den Toten sind auch vier Studenten, nach denen in einem eingestürzten Wohnheim fieberhaft gesucht wurde. Die Retter gruben nicht mehr mit bloßen Händen in den Trümmern, sondern brachten schweres Gerät zu dem Gebäude. Universitätsrektor Ferdinando Di Orio sagte, die vier Studenten seien wahrscheinlich tot, wenn nicht noch ein Wunder geschehe.

Viele Opfer zogen zu Freunden oder Bekannten. Bei dem schwersten Beben seit 1980 wurden 10.000 bis 15.000 Gebäude beschädigt oder zerstört. Am Mittwoch sollen an den noch stehenden Häusern untersucht werden, ob die Bewohner zurückkehren können.

Schäden in dreistelliger Millionenhöhe

Die Versicherungsschäden könnten sich auf bis zu 400 Millionen Euro belaufen. Das erklärte das auf Risikoschätzungen spezialisierte Unternehmen AIR Worldwide am Mittwoch. Die Schätzung umfasse Schäden an privaten, geschäftlichen und öffentlichen Gebäuden, nicht aber den Schaden durch den Ausfall des Geschäftsbetriebs für Unternehmen. Der Gesamtschaden könnte sich laut AIR auf zwei bis drei Milliarden Euro summieren, davon sei aber nur ein geringer Teil versichert.

Obama sagt Hilfe zu

US-Präsident Barack Obama sagte unterdessen dem italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi Unterstützung zu. Wie das Weiße Haus mitteilte, übermittelte Obama in einem Telefonat am Dienstag sein tiefes Mitgefühl und erklärte, die USA würden für die Menschen in Italien beten.

Papst will in die Region reisen

Papst Benedikt XVI. kündigte während seiner wöchentlichen Generalaudienz in Rom an, bald in die Erdbebenregion reisen zu wollen. Vatikansprecher Federico Lombardi sagte, der Besuch finde voraussichtlich gleich nach Ostern statt. Die Rettungsarbeiten wolle der Papst nicht behindern.

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