Frickenhausen. Im Fall des vermeintlichen Phantommörders von Heilbronn läuft die Suche nach Schuldigen. Weil Wattestäbchen mit DNA verunreinigt waren, war die Polizei von einem Serientäter ausgegangen, den es nicht gibt. Der Wattestäbchen-Hersteller sieht sich allerdings nicht in der Pflicht.

Die Ermittlungspanne bei der Suche nach der Polizistenmörderin von Heilbronn zieht Kreise. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart kündigte eine Prüfung des Vorwurfs an, wonach möglicherweise die Herstellerfirma der bei der Spurensicherung benutzten Wattestäbchen falsche Angaben gemacht hat. «Wir haben einen Beobachtungsvorgang eingeleitet», sagte Sprecherin Claudia Krauth auf AP-Anfrage. Die Behörde prüfe, ob es Anhaltspunkte für einen Anfangsverdacht gebe.

Keine Stäbchen für den Tatort

Laut «Stuttgarter Zeitung» soll die Herstellerfirma Greiner Bio-One GmbH mit Sitz im baden-württembergischen Frickenhausen zumindest teilweise die DNA-Freiheit ihrer Wattestäbchen garantiert haben. Das gehe aus einem Qualitätszertifikat hervor, das eine österreichische Polizeidienststelle auf Bestellung erhalten habe. Das österreichische Bundeskriminalamt hatte am Freitag erklärt, dass die Greiner Bio-One International AG in Kremsmünster (Österreich) mit einem Zertifikat garantiert habe, dass ihre Wattestäbchen frei von DNA seien.

Dagegen hatte die deutsche Firma versichert, die von ihr an die Polizei gelieferten Wattestäbchen seien nicht für die Sicherung von DNA-Spuren am Tatort geeignet. Der Widerspruch zu den Angaben aus Österreich könnte dadurch zu erklären sein, dass es sich um verschiedene Wattestäbchen für unterschiedliche Zwecke handelt. Die Firma kündigte am Montag zu diesem Thema eine Stellungnahme an.

Firma will nicht geschummelt haben

Heinz Schmid, Geschäftsführer der Greiner bio-one GmbH. Foto: ap
Heinz Schmid, Geschäftsführer der Greiner bio-one GmbH. Foto: ap © AP

Sie widersprach dem Zeitungsbericht, wonach sie nach Bekanntwerden der Vorwürfe kurzfristig ihre Homepage geändert habe. «Keinem der Verantwortlichen ist eine Änderung bekannt, noch wurde eine angeordnet», berichtete Greiner Bio-One.

Das baden-württembergische Landeskriminalamt hatte einräumen müssen, dass die seit zwei Jahren gesuchte vermeintliche Phantommörderin nicht existiert und dass die an 40 Tatorten sichergestellte DNA-Spur nicht von einer Tatbeteiligten stammt, sondern von einer Arbeiterin eines Verpackungsbetriebs in Bayern.

Wattestäbchen-Gruppe beim BKA

Ein LKA-Sprecher betonte, dass Thema DNA-Freiheit werde jetzt bundesweit in einer speziellen Arbeitsgruppe, die beim Bundeskriminalamt angesiedelt sei, diskutiert.

Landesinnenminister Heribert Rech sagte in Freiburg, er wolle am kommenden Mittwoch im Innenausschuss des Landtages über die Folgen der Ermittlungspanne berichten. Der CDU-Politiker sagte, er besitze immer noch großes Vertrauen in die Arbeit der Polizei. Fehler, die gemacht worden sein könnten, würden schnell und korrekt aufgeklärt. Zu Einzelheiten der Ermittlungen gab Rech auch auf Nachfrage keine Stellungnahme ab.

GdP will Antworten auf alle Fragen

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert die Klärung aller in dem Fall noch offenen Fragen. Nur wer Fehler zugebe, zeige Größe und könne daraus lernen, sagte der baden-württembergische GdP-Landesvorsitzende Josef Schneider am Montag in Stuttgart. Dies scheine aber nicht die Stärke der beteiligten Stellen und Personen zu sein. Schneider begrüßte es deshalb, dass Innenminister Heribert Rech (CDU) auch externen Sachverstand hinzuziehen wolle.

Schneider zufolge waren für die GdP in dem Fall «von Anfang an viele Fragen offen». Aber schon der kleinste Versuch, Kritik zu äußern, sei immer wieder «abgebügelt» worden. Dabei zeigten der Fall und seine Abläufe die Notwendigkeit von Veränderungen. Die Polizei müsse sich darauf verlassen können, dass die ihnen zur Spurensicherheit zugeteilten Materialien den erforderlichen Qualitätsansprüchen genügen. Aber auch der «innere Zustand» der Polizei müsse kritisch analysiert werden.

Es gibt kein Phantom

Am Freitag war bekannt geworden, dass es das seit Jahren gesuchte «Phantom», das unter anderem im Zusammenhang mit dem Heilbronner Polizistenmord von 2007 gesucht wurde, nie gegeben hat. Die an rund 40 Tatorten sichergestellte DNA-Spur, die die Polizei dem Phantom zugeordnet hatte, war durch verunreinigte Wattestäbchen entstanden. (ap/ddp)

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