Bangkok/Essen. . Aus Angst fliehen die Thailänder aus der Hauptstadt. Auch Touristen werden evakuiert. Die Deutsche Botschaft warnt vor Versorgungsengpässen. Reiseveranstalter bietet Stornierungen von Reisen an.

Thailands Hauptstadt Bangkok gleicht zunehmend einem gigantischen Sieb. Der Fluss Chao Praya, dessen Pegel Rekordhöhen verzeichnet, trat am Mittwochabend an zahlreichen Stellen über die Ufer. Der Grund: Aus dem Meer drückte eine Springflut in die „Stadt der Engel“.

Der Platz Sanam Luang nahe dem „Grand Palace“, eine der großartigen Touristenattraktionen der thailändischen Hauptstadt, füllte sich mit Wasser. Soldaten versuchten, den Palast zu schützen. An manchen Stellen im Norden in der Umgebung des alten, nur noch für den Binnenverkehr genutzten Flughafens Don Muang, quollen die Fluten aus der Kanalisation auf die Straßen.

Noch haben die Überschwemmungen nicht die Ausmaße angenommen, die seit Wochen in den Provinzen der Umgebung herrschen. Rund 370 Tote forderte das Desaster bislang in dem südostasiatischen Königreich. Aber die Lage wird ernst. Zwar ist das Zentrum der zwölf bis 15 Millionen Einwohner zählenden Metropole noch weitgehend trocken. Aber Bangkoks Gouverneur Sukhumbhand Paribatra verkündete am Mittwoch erstmals: „Alle Distrikte der Hauptstadt müssen mit Hochwasser rechnen.“

Mineralwasser und frische Eier sind seit Tagen ausverkauft.

In vielen Supermärkten finden die Menschen zunehmend leere Regale vor. Mineralwasser und frische Eier sind seit Tagen ausverkauft. Am Mittwoch wurde die Rationierung lebenswichtiger Nahrungsmittel angeordnet, um Hamsterkäufe zu verhindern. Die deutsche Botschaft in Bangkok warnte vor möglichen Versorgungsengpässen. Darauf wollen es viele Bewohner der Hauptstadt nicht ankommen lassen.

Nachdem Thailands Regierung eine Art „Katastrophenurlaub“ bis zum kommenden Montag angeordnet hatte, verließen die Thailänder in Scharen die Hauptstadt. Flüge in den Norden, in Städte wie Chiang Mai, waren voll. Das Seebad Pattaya, knapp zwei Stunden Autofahrt von Bangkok entfernt, meldete: „Wir sind völlig ausgebucht.“ Die Flucht aus Bangkok verwandelt Thailands Hauptstadt in eine Geisterstadt.

Auch die Hälfte der rund 60 000 Taxen ist von den Straßen verschwunden. „Wenn das Wasser kommt, hören wir alle auf zu arbeiten“, warnt ein Fahrer und gibt dem Gast den Rat, „besser, Sie reisen nach Hause.“ Tatsächlich droht der Millionenmetropole der Kollaps. viele Bankniederlassungen wurden geschlossen, zahlreiche Eingänge der U-Bahn wurden bereits gesperrt. Sollte das Wasser das Zentrum erreichen, ist auch die Stromversorgung gefährdet.

Reiseveranstalter bieten zum Teil an, Reisen zu stornieren

Die deutschen Reiseunternehmen haben Krisenmanager nach Bangkok entsandt. Innerhalb von acht Stunden könnte Meiers Weltreisen seine zurzeit in Bangkok untergebrachten 371 Touristen aus der Stadt evakuieren. Gestern Nachmittag, als sich die Lage in Asien verschärfte, zog man in Frankfurt erste Konsequenzen: „Für Aufenthalte in Bangkok bis zum 4. November bieten wir unseren Gästen kostenlose Stornierungen und Umbuchungen an“, erklärte Konzernsprecherin Angela de Sando.

Allerdings sei die Situation nur in Bangkok und den kulturellen Zielen nördlich der Metropole kritisch. „Die Strände in der Andaman-See und im Golf von Thailand sind nicht betroffen, dort sind keine Alternativen nötig“, erklärt Thomas Bohlander, Geschäftsführer der Gebeco, einem Tochterunternehmen der Tui.