Eygalières. Matthias Wimmer aus Essen-Borbeck zog es in den achtziger Jahren in die Provence. Der Diplom-Pädagoge hatte in seinem Beruf keine Perspektive. Also zog er aus, um Karriere zu machen.

. Der Weinjournalist als Gebrauchslyriker: „Die Nase notiert Aromen von viel schwarzer Kirsche, Gewürznelke, Pflaume sowie etwas Rauch und Speck. Auch am Gaumen ist die Frucht präsent, zeigt das Gewächs Schmelz, Struktur und Würze“, schwelgte ein Kenner über den 2005er Cuvée Léa von Matthias Wimmer (54). Blumige Elogen wie diese hat der Kreateur dieser Aromen-Explosion in den letzten Jahren schon oft gehört. Matthias Wimmer aus Essen-Borbeck, der Ende der 80er-Jahre auszog, um in Südfrankreich die Kunst des Weinbaus zu lernen, gehört heute zu den renommierten Winzern der Provence.

Am Fuße der Alpillen, dem aus der Rhone-Ebene ragenden Kalksteinmassiv, hat Wimmer seine Berufung gefunden. Die von ihm geführte Domaine d’Eole, benannt nach dem griechischen Windgott Äolus, wurde selbst von Frankreichs führender Weinfachzeitschrift mit einem Stern bedacht. „Dafür müssen wir sehr hart arbeiten“, sagt Wimmer und legt die hohe Stirn in Falten, denn er macht gerade die windigen Vorboten eines deftigen Regengebietes aus. Gerade hat die Weinlese begonnen. Und zu viel Feuchtigkeit kann seinen Trauben schaden. „20 bis 30 Liter pro Quadratmeter kann unser karger, gut drainierter Boden verkraften. Fällt mehr Regen, wird es kritisch“, erläutert der Experte.

Doch der Wettergott hat ein Einsehen mit den Winzern. Es regnet doch nicht. Muße für die unvermeidliche Frage: „Wie kommt ein Ruhrgebietsjunge dazu, in einer der Herzkammern des Weinbaus Karriere zu machen? „Als Diplom-Pädagogen standen wir vor einer Arbeitslosen-Karriere. Darauf hatten wir keine Lust.“ Also zog Wimmer, dessen Vater einst Verleger der „Borbecker Nachrichten“ war, mit Partnerin Marion (heute 53) und den Kindern Franziska (heute 23) und Yannick (heute 21) Ende der 80er Jahre in den tiefen Süden Frankreichs, nach Montpellier. Das Weinbau-Diplom an der dortigen Uni legte er als einer der Besten ab, was die Kommilitonen mit großem Respekt erfüllte. „Ich war älter als die anderen, hatte schon einen Beruf und war deshalb disziplinierter. Das hat mir geholfen“, erinnert sich Wimmer. Wohl auch bei der Suche nach einer passenden Domaine. Ein Pariser Hotelier-Ehepaar, das Weinberge – insgesamt 20 Hektar – gekauft hatte, wurde schon 1993 auf den großen Blonden aus Essen aufmerksam.

Über sein Gastland ist Matthias Wimmer voll des Lobes: „Als unverheiratetes Paar mit Kindern – erst vor einem Jahr wurden wir getraut – hat man es hier viel leichter als in Deutschland.“

Klasse statt Masse lautet Winzer Wimmers Motto. 85 000 Flaschen Rot-, Weißwein und Rosé füllt er Jahr für Jahr ab, die reißenden Absatz finden – in der ganzen Welt. Seine Frau Marion Schwarz schuf sich unterdessen ein zweites Standbein. Das von ihr produzierte Olivenöl wurde von einer Gourmet-Zeitschrift unter die 50 besten der Welt eingeordnet.

Fruchtiger Abgang

Ab und zu besucht Matthias Wimmer seine Mutter in Essen. Auch Freunde und Bekannte haben was davon. Seine Weine sind ja was Feines. Ob man darin Rauch und Speck entdecken kann und im „langen fruchtigen Abgang Noten von Eukalyptus“, so besagter Kenner, ist eine andere Frage. Der Winzer aus Borbeck kommentiert solche Einschätzungen nicht. „Der Wein ist dann gut, wenn er einem schmeckt.“