Bremerhaven. . Eine extreme Eisschmelze am Nordpol bereitet den Forschern große Sorgen. Das sommerliche Meereis ist so gering wie vielleicht noch nie zuvor. Für die Tier- und Pflanzenwelt hat das dramatische Folgen.

Seit Wochen ist die „Polarstern“ in der Arktis unterwegs, war schon am Nordpol. Was die Forscher des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts von ihrem Eisbrecher aus sehen, erfüllt sie mit großer Sorge: Das sommerliche Meereis ist so gering wie vielleicht noch nie zuvor. Der Minusrekord aus dem Jahr 2007 könnte gebrochen werden. Für die Tier- und Pflanzenwelt hat die extreme Eisschmelze drastische Folgen.

Die Forscher an Bord der „Polarstern“ berichten, dass Messungen eine durchschnittliche Eisdicke von 90 cm ergeben haben (vor zehn Jahren lag sie bei zwei Metern). Es gebe einen steten Transport von Meereis in eisfreie Regionen des Nordpolarmeeres.

Wärmere Phase einer natürlichen Schwankung

Die Beobachtungen decken sich mit dem, was ihre Kollegen in Bremerhaven auf Satellitenkarten sehen und anhand von Klimamodellen errechnet haben. In der Laptev-See im Norden Russlands etwa klafft ein Loch im Eis, das mittlerweile die Größe Hollands erreicht hat. Bis Mitte des Monats dauert die Eisschmelze noch an. Vor vier Jahren war die Eisausdehnung in der Arktis auf eine Fläche von 4,3 Millionen qkm zurückgegangen. Dieser Wert könnte nun unterboten werden, fürchtet man am Wegener-Institut.

Prof. Rüdiger Gerdes macht nicht allein den Klimawandel für die Schmelze verantwortlich: „Wir befinden uns in einer wärmeren Phase innerhalb einer natürlichen Schwankung“, sagte der Meereis-Physiker der WAZ-Mediengruppe. Insofern werde sich das Meereis auch wieder etwas erholen – wohlgemerkt: etwas. Insgesamt schmilze das Eis bedenklich schnell.

Eisbären geht das Jagdrevier verloren

Tiere bekommen das zu spüren: Weil ein fetter Planktonkrebs das wärmere Wasser meidet, können Seevögel ihren Nachwuchs nicht mehr ernähren, so Biologe Dr. Michael Klages. In den Brutkolonien auf Spitzbergen hätten sich Dramen abgespielt. Robben und Walrössern gehe mit dem Eis der Rückzugsraum für die Aufzucht ihrer Jungen verloren – und Eisbären das Jagdrevier. Freilich, es gibt auch Gewinner: So beobachte man vermehrt Kabeljaue in der Meerenge zwischen Grönland und Spitzbergen. Neuerdings sind dort auch Fischer unterwegs und stellen dem beliebten Speisefisch nach.