Moskau. . In Moskau gehen Autos in Flammen auf – aus Neid und Rache, aber auch aus politischen Gründen. So hegen viele Moskauer Antipathien gegen ihre Landsleute kaukasischer Abstammung. 100 Fahrzeuge brannten allein im April und Mai aus.
In Moskau werden immer häufiger parkende Autos angezündet. Die Brandstifter sind offenbar linke und rechte Extremisten. Wie die Nachrichtenagentur Interfax meldet, brannten allein in der Nacht zum letzten Donnerstag im Osten der russischen Hauptstadt drei Wagen mit Nummerschildern kaukasischer Regionen aus.
Es handelt sich um zwei BMWs mit Kennzeichen der im Nordkaukasus gelegene russischen Republik Dagestan und um einen Shiguli – Russlands Autoklassiker – aus der russischen Republik Kabardino-Balkarien. Es sei noch nicht eindeutig klar, ob diese Fälle mit einer Serie von Brandstiftungen in der Moskauer Vorstadt Balaschicha in Verbindung stehen, so ein Moskauer Polizeisprecher gegenüber unserer Zeitung. In Balaschicha hatten ein oder mehrere Täter, die offenbar antikaukasisch gesonnen sind, in der zweiten Junihälfte acht parkende Autos mit kaukasischen Nummernschildern abgefackelt.
Die Moskauer Presse taufte die Täter „Nationalpyromanen“. Hintergrund: Ein großer Teil der russischen Bevölkerung Moskaus hegt heftige Antipathien gegen ihre Landsleute kaukasischer Abstammung. Doch außer den „Nationalpyromanen“ sind in der russischen Hauptstadt auch andere Autobrandstifter aktiv. Nach Angaben des Nachrichtenportals „newsru.com“ wurden allein im April und Mai über 100 Fahrzeuge angezündet. Dabei handelt es sich oft um teure Importmarken. Sie sind bevorzugtes Ziel linker Stadtguerilleros.
Steine und Molotowcocktails auf Wagen, die mehr als eine Million Rubel kosteten
Vor wenigen Tagen hat die Internetzeitung „gazeta.ru“ eine per Video aufgezeichnete Erklärung veröffentlicht, in der sich schwarz vermummte Anarchisten zu Brandanschlägen auf Polizeistationen, Büros der Regierungspartei „Einiges Russland“, aber auch auf Limousinen und Jeeps bekannten. Man werfe Steine und Molotowcocktails auf Wagen, die mehr als eine Million Rubel (gut 25 000 Euro) kosteten, weil nur ein „Ausbeuter des arbeitenden Volkes“ soviel Geld für ein Auto ausgeben könne, heißt es.
Die Linksextremisten bezeichneten sich als Mitglieder des „Schwarzen Blocks“. Der Name wurde bisher für schwarz vermummte und gewaltbereite „Autonome“ in Westeuropa verwandt. „Wir besitzen keine feste Organisation oder Satzung. Uns vereint die Taktik der direkten Aktion. Außer uns gibt es ein ganzes Netz anarchistischer Gruppen und Personen, die die Ausbeutungsorgane mit radikalen Methoden bekämpfen“, heißt es in der Erklärung für „gazeta.ru“.
Allerdings werden in Moskau auch oft Autos von randalierenden Fußballfans abgebrannt. Dazu gibt es Brandanschläge aus „privaten“ Gründen: etwa um säumige Schuldner oder davongelaufene Ehefrauen abzustrafen. Viele Russen betrachten ihren fahrbaren Untersatz als zentrales Symbol ihrer Lebenstüchtigkeit und ziehen ein prestigeträchtiges Auto sogar einer größeren Wohnung vor.
„In einer Nacht zerstört er, wofür ein anderer sein Leben lang malocht hat“
„Wer nachts feige fremde Autos anzündet, ist kein Rowdy, sondern ein Verbrecher“, sagt Gennadij Chosembo, Vizepräsident der „Moskauer Städtischen Automobilistenunion“. „In einer Nacht zerstört er, wofür ein anderer sein Leben lang malocht hat.“ Zudem sei ein Großteil der Autofahrer nur haftpflichtversichert und müsse deshalb den Schaden selbst tragen.
Die Moskauer „Automobilistenunion“ und ihre Mitglieder haben zahlreiche Parkplätze mit Videokameras und Wachhunden ausgestattet. Und viele Autofahrer sind bereit, selbst nachts Wache zu schieben, um ihre Fahrzeuge zu schützen. Wie im Sommer 2008, als im Süden der Stadt in einem Monat über 100 Fahrzeuge in Flammen aufgingen. Der Brandstifter wurde damals nicht gefasst.