Berlin. . Neonazis haben ihre Web-Offensive auf soziale Netzwerke ausgeweitet. Laut einer aktuellen Studie hat sich die Zahl rechtsextremer Beiträge auf Facebook und Co. im vergangenen Jahr verdreifacht. Mit ihrem professionellen Angebot ködern die Rechten vor allem Jugendliche.

Neonazis nutzen statt der klassischen Webportale immer stärker die sozialen Netzwerke im Internet, um Jugendliche zu ködern. Diese Entwicklung habe sich „dramatisch zugespitzt“, sagte der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, am Donnerstag bei der Vorstellung einer Studie zu Rechtsextremismus und Jugendlichen im Internet. „Wir dürfen den Rechtsextremisten und der Hasspropaganda nicht das Feld überlassen“, warnte er.

Etwa 6000 rechtsextreme Beiträge für soziale Netzwerke hat die Organisation „jugendschutz.net“ für das vergangene Jahr dokumentiert, und damit drei Mal so viele wie 2009. Vor allem „Autonome Nationalisten“ ködern die jungen Menschen demnach mit modernen und professionellen Angeboten, auf denen sie Action, Kommunikation und Multimedia bieten. Auch die NPD werbe nicht mehr nur auf knapp 250 Websites um ein jugendliches Publikum, sondern längst auch mit Beiträgen in Communitys und auf Videoplattformen.

Appell an Youtube und Facebook

Krüger setzte sich dafür ein, verstärkt die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten und die Betreiber der sozialen Netzwerke an ihre eigenen Geschäftsbedingungen zu erinnern. Dort zeigten die Betreiber selbst die Grenzen dafür auf, was sie auf ihren Seiten duldeten und was nicht. Auch die Netzgemeinde müsse aktiv werden. „Die arabische Revolution hat gezeigt, welches demokratische Potenzial in den Plattformen steckt“, sagte Krüger. „Wir brauchen User, die unsere grundlegenden Werte verteidigen und Neonazis konsequent in die Schranken weisen.“

„Es kann nicht angehen, dass Rechtsextreme diese Dienste für ihre Hasspropaganda missbrauchen“, fügte der Leiter des Bereichs Rechtsextremismus von jugendschutz.net, Stefan Glaser, bei der Pressekonferenz hinzu. Betreiber wie Youtube und Facebook müssten mehr tun, um das zu verhindern.

Nach Glasers Angaben verfolgen die Neonazis im Netz zunehmen die Strategie, nicht mit offen rechtsextremistischer Propaganda aufzutreten, sondern diese hinter anderen Inhalten zu verbergen. Als Beispiel nannte er einen Video-Clip, der Fackelträger mit weißen Masken beim nächtlichen Marsch durch leere Straßen zeigt. Dahinter steckten Neonazis, die vor dem angeblich drohenden „Volkstod“ der Deutschen warnen wollten. Oft würden auch vordergründig Themen wie Kindesmissbrauch, der Atomausstieg oder die Euro-Krise benutzt, um die rechtsextreme Propaganda zu vermitteln. Ein rechtsextremistisches Musikvideo zum Thema Missbrauch habe es bislang auf 900.000 Klicks gebracht. (afp)