Calgary. Stilsicher, unverkrampft, verführerisch waren Kates erste offizielle Auftritte auf ausländischem Terrain. Von Star-Qualität. Besonders die vielen lockeren, persönlichen Momente zwischen Prinz William und Kate werden den Kanadiern noch eine Weile in Erinnerung bleiben.
Zwei Monate ist es her, da wütete in Slave Lake ein Waldbrand. Sandi Gaskell verlor ihr Haus, ihren Besitz, ihr bisheriges Leben. Seit jener Nacht Mitte Mai wohnt Gaskell auf einem Campingplatz, wie viele der 7000 Einwohner von Slave Lake. „Wir haben fast alles verloren“, berichtete Gaskell im kanadischen Fernsehen. „Umso toller ist dieser Besuch. Er lenkt uns ab.“
Die Ablenkung kam in Gestalt von Prinz William und seine Gemahlin Kate. Während ihrer ersten offiziellen Auslandsvisite in Kanada haben der Herzog und die Herzogin von Cambridge auch den zerstörten Ort am Kleinen Sklavensee besucht. Sie haben den Opfern ihre Solidarität bekundet und den Rettungsleuten gedankt. „Die Anteilnahme war absolut echt“, meinte Jamie Coutts, einer der Feuerwehrmänner des Ortes, hinterher und fügte hinzu: „Das Treffen war ein bewegendes, ein sehr persönliches Erlebnis.“
Bis zuletzt war der Besuch geheim gehalten worden. So wollte das königliche Paar verhindern, dass der Wiederaufbau durch zu viel Rummel behindert wird. Umso stärker fiel die Geste am Ende aus. In Slave Lake, aber auch im ganzen Land wurde die Visite mit Respekt, ja Bewunderung aufgenommen.
Charmeoffensive im Dienste der Monarchie
Die Charmeoffensive im Dienste der Monarchie dürfte dem jungen Prinzen und seiner stets strahlenden Gattin also in Kanada gelungen sein. Fast überall, wo die beiden in den letzten neun Tagen auftraten, war die Begeisterung groß. Am Nationalfeiertag vor dem Parlamentsgebäude in Ottawa hatten über 300 000 Menschen dem jungen Paar zugejubelt und Kates weißes Kleid und ihren roten Hut mit stilisiertem Ahornblatt bewundert. Und jene Diamantenbrosche, die Williams Großmutter Elizabeth II. bei ihrem ersten Kanada-Besuch vor über 50 Jahren getragen hatte.
Stilsicher, unverkrampft, verführerisch waren Kates erste offizielle Auftritte auf ausländischem Terrain. Von Star-Qualität. Vor historischer Kulisse in Charlottetown, wo Kanada einst gegründet worden war, trug Kate zur feierlichen Gelegenheit ein cremefarbenes Kleid von Sarah Burton, die auch schon ihr Hochzeitskleid entworfen hatte. Jedes weitere Outfit war ein Aufreger für sich. Aber auch sonst sorgte sie stets für Schlagzeilen. Als ihr ein Passant Glück beim Gründen einer Familie wünschte, ließ sich Kate einen Satz entlocken. „Ja, ich hoffe doch“, soll sie angeblich erwidert haben, was sogleich Spekulationen über eine mögliche Schwangerschaft anheizte.
Besonders die vielen lockeren, persönlichen Momente werden den Kanadiern noch eine Weile in Erinnerung bleiben. Wie jener liebevolle Schubser etwa, bei dem Kate ihren Prinzen nach einer Drachenbootfahrt beinahe ins Wasser gestoßen hätte – eine Art Revanche, nachdem William das Rennen gegen sie gewonnen hatte. Oder jener Moment, als der Thronfolger in der Arktis erfolglos versuchte, beim Feldhockey ein Tor zu erzielen, was seine Gattin mit einem Grinsen quittierte.
Öffentliche Zuneigung
Vor allem aber war es der Zauber der Jungverliebten, der das Paar den Kanadiern so richtig nahe gebracht hat. Als sich Kate nach einer Kranzniederlegung in die Limousine setzte, lehnte sie ihren Kopf entspannt an Williams Schulter – und die Welt war live dabei. Als Rettungspilot William in einem Hubschrauber eine Notlandung auf Wasser übte, schaute Kate am Ufer bange zu. Als die beiden ein Kinderkrankenhaus besuchten, knetete William seiner Gattin sanft die Schultern.
Derlei öffentliche Zuneigung hat dem frisch vermählten Paar selbst in der französischsprachigen Provinz Québec, wo man die britische Monarchie traditionell kritisch sieht, Sympathie gebracht. Zwar gab es wie bei jedem königlichen Besuch Proteste. Doch besonders William zeigte Fingerspitzengefühl: Bei seinen Auftritten in Québec sprach er stets Französisch. Was einen der härtesten Nationalisten zu dem Satz veranlasste: „Ich bin zwar weiter gegen die Monarchie. Aber als Menschen empfinde ich die beiden als sehr angenehm.“ Bei derlei Lob dürfen William und Kate ihre Feuerprobe in Sachen Diplomatie wohl als bestanden betrachten.