Reichelsheim. . Im mittelhessischen Reichelsheim verunglückte am Sonntagabend ein Zeppelin und ging in Flammen auf. Dabei starb der Pilot auf grausame Weise. Nach einer fehlgeschlagenen Landung verbrannte er in seinem Gefährt in rund 40 Meter Höhe.

Der Pilot des am Sonntagabend auf dem Flugplatz im mittelhessischen Reichelsheim verunglückten und in Flammen aufgegangenen Luftschiffs ist auf grausame Weise ums Leben gekommen. Nach einer fehlgeschlagenen Landung verbrannte er in seinem Gefährt in rund 40 Meter Höhe. Unten auf dem Rollfeld hörten ihn Zeugen zuletzt noch rufen.

„Er konnte das Luftschiff nach unserem ersten Bodenkontakt nicht unten halte“„, berichtet der Bad Homburger Fotograf Joachim Storch, der sich mit den zwei anderen Mitfahrern, einer Frau und einem Mann, in letzter Sekunde aus der Gondel retten konnte.

Das 36 Kilometer nördlich von Frankfurt gelegene Flugfeld bei Reichelsheim zählt unter den sieben hessischen Verkehrslandeplätzen zu den größeren. Um 18.00 Uhr am Sonntag waren hier Storch, zwei TV-Leute eines Privatsenders und der - nach ersten Informationen - 52-jährige australische Pilot von der Rollbahn abgehoben. Sie flogen von der Wetterau in den Taunus, um den Hessentag in Oberursel aus der Luft zu fotografieren und zu filmen. „Mike war ein routinierter Pilot“, sagt Storch. „Er ist unseren Hinweisen immer minutiös und mühelos gefolgt.“

Pilot: „We had an accident!“

Der Pilot steuerte ein mit zwei 80-PS-Motoren ausgerüstetes Prallluftschiff vom Typ Lightship A60, das anders als ein Zeppelin ohne inneres Gerüst auskommt, die Hülle steht unter Druck von nicht brennbarem Heliumgas. Gegen 20.15 Uhr kehrten die vier von ihrem Arbeitseinsatz zurück.

Laut Ermittlungsstand von Sonntagnacht zerschellte beim Aufsetzen auf die Rollbahn aus noch ungeklärten Gründen das kleine, einachsige Fahrwerk unter der Gondel. Storch erinnert sich, dass der Pilot seinen Passagieren „We had an accident!“ („Wir hatten einen Unfall!“) zurief und dann noch: „I crashed the airship!“

Schlagartig verspürten alle Insassen eine Hitzewelle vom hinteren Ende der Gondel, wo die Motoren sitzen. Durch ein Fenster und eine Tür sprangen Storch und das TV-Team aus rund zwei Meter Höhe auf den Boden und blieben unverletzt. Wahrscheinlich war es der Gewichtsverlust, vermutet Storch, der das Luftschiff mit der nun brennenden Gondel in die Höhe schießen ließ. Erst mehrere 100 Meter weiter fiel das flammende Wrack auf eine Wiese des Flugplatzes. „Der Pilot ist nicht durch den Absturz selbst ums Leben gekommen“, sagt in der Nacht ein Polizeisprecher auf dem Rollfeld. „Er ist verbrannt.“

Überlebende stundenlang befragt

Am Unglückssonntag eine Stunde vor Mitternacht sitzt Fotograf Storch mit dem Rücken an der Wand auf dem Boden eines grell erleuchteten Zimmers in dem kleinen Reichelsheimer Flughafengebäude. Wie die beiden anderen Überlebenden auch ist er in eine blaue Decke gehüllt, noch tut ihm das Reden gut. Die Befragung durch Kripobeamte wird nach der Pause weitergehen, eine evangelische Notfallseelsorgerin und ihr katholischer Kollege können Beistand leisten. „Sprechen ist erst mal wichtig“, sagt die Pfarrerin. „Aber wenn die Vernehmung beendet ist, wird er wohl eher schweigen wollen.“

Um Mitternacht steht Storch den Beamten, darunter auch ein Experte der Braunschweiger Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung, noch immer Rede und Antwort. Zur gleichen Zeit heben Feuerwehrleute weit draußen auf dem Flugplatz die Überreste des Piloten von der feuchten Wiese in einen Sarg. Noch haben die Beteiligten kein endgültiges Bild vom Ablauf des Unglücks. Dass sich landende Prallluftschiffe bei plötzlichem Gewichtsverlust oft nicht mehr am Boden halten können, ist hier in Reichelsheim den Experten bekannt. Pilot Mike hatte größte Flugerfahrung und zögerte keine Sekunde, seine Passagiere zum Sprung in die Tiefe zu veranlassen. (dapd)