Leipzig. . Er gehört zu den mächtigsten Männern im deutschen Fernsehen. Seit 20 Jahren amtiert Udo Reiter als MDR-Chef. Jetzt geht er vorzeitig. Dabei läuft sein Vertrag noch bis zum Jahr 2015.

Der Zeitpunkt sicherte ihm die größtmögliche Aufmerksamkeit: Ausgerechnet zum 20-jährigen Bestehen des Senders kündigte MDR-Chef Udo Reiter (67) seinen vorzeitigen Rückzug an. Dabei läuft der Vertrag des Gründungsintendanten noch bis 2015. Rollstuhlfahrer Reiter führte persönliche Gründe an. Dennoch könnten zwei unangenehme Themen seine Entscheidung beschleunigt haben: der Prozess um den Millionenbetrug beim Ki.Ka und der bevorstehende K.o. der Box-Rechte.

Unbestritten sind Reiters Verdienste. Kurz nach der deutschen Einheit stand fest, dass das föderale Prinzip der ARD auch im Osten gelten sollte. Während Mecklenburg-Vorpommern Sendegebiet des NDR wurde, entstand für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eine neue Anstalt: der MDR. Als Gründungsintendant kam Udo Reiter vom Bayerischen Rundfunk. Er stand vor einer schwierigen Aufgabe. Nirgendwo sonst tobte der Konflikt zwischen Mitarbeitern aus Ost und West so heftig wie beim MDR. Reiter machte den Sender zur Stimme des Ostens – durchaus um den Preis, allzu sehr der Ostalgie zu frönen.

Reiter kümmerte derlei wenig. Sein Sendungsbewusstsein hieß Publikumserfolg. Unter Reiters Führung mauserte sich der MDR zum beliebtesten dritten Programm der ARD. Auch die Quoten der MDR-Beiträge zum Gemeinschaftsprogramm des Ersten lassen sich sehen. „Familie Dr. Kleist“ und „In aller Freundschaft“ sind die erfolgreichsten ARD-Serien. Zudem etablierte Reiter in Leipzig einen populären „Tatort“.

Die Vorsitzende Monika Piel, zugleich Intendantin des WDR, nahm Reiters Entscheidung „mit Respekt, aber auch mit Bedauern zur Kenntnis“. Sie verliere „einen langjährigen Mitstreiter“, ebenso kreativ wie durchsetzungsstark.

Tatsächlich hatte es der gebürtige Lindauer in der neunköpfigen Intendanten-Runde nicht mehr nötig, sich zu profilieren. Deutlich mehr Kämpfe muss Piel mit Kollegen austragen, die sich profilieren wollen oder müssen. Ihr Vorgänger beim ARD-Vorsitz, Peter Boudgoust vom SWR, will als Intendant wiedergewählt werden. Angela Merkels Ex-Sprecher Ulrich Wilhelm muss sich als Nr. 1 beim Bayerischen Rundfunk beweisen. Und NDR-Boss Lutz Marmor beansprucht den Erfolg des Eurovision Song Contest in Düsseldorf für seinen Sender.

Reiter war fürs Boxen

Trotz des positiven Echos aus Köln bereitete ausgerechnet der WDR Reiter Kummer. Der Verwaltungsrat will den Erwerb der Box-Rechte des Sauerland-Stalls kippen – Rechte, für die sich Reiter stark gemacht hatte. Ein anderes Problem indes ist hausgemacht. Bald beginnt der Prozess um den Millionenbetrug beim Ki.Ka. Der MDR zeichnet verantwortlich für die Aufsicht über den Gemeinschaftssender von ARD und ZDF.

Ob es einen Zusammenhang zwischen Reiters Rückzug und den Konfliktthemen gibt? Ein Schelm, der Böses denkt.