Oslo/Essen. . Am Mittwochmorgen wird die Aschewolke aus Island Deutschland erreicht haben. Das schlimmste aller Szenarien: Deutschland muss den Flugbetrieb wie im Vorjahr stoppen.

Um Mitternacht, so prognostizierten gestern Meteorologen, werde die Aschewolke aus dem isländischen Vulkan Grimsvötn die deutsche Küste erreichen. Bis voraussichtlich heute, 8 Uhr, ziehe sie Richtung nördliches Hessen und südliches Brandenburg. Dann steige die Konzentration laut Prognose im Norden auf über zwei Milligramm Vulkanasche pro Kubikmeter Luft. Eine mögliche Konsequenz: Ein Flugverbot legt die Flughäfen von Berlin und Hamburg lahm.

Dabei sah gestern die Lage noch ganz entspannt aus. Während bis zum Mittag in Nordeuropa mehr als 250 Flüge gestrichen wurden, während tausende Passagiere in Schottland und Nordirland festsaßen, lief der Flugbetrieb in Deutschland fast planmäßig. „Wir haben die für Dienstag vorgesehenen Flüge aus Frankfurt und Düsseldorf nach Edinburgh gestrichen“, erklärte Lufthansa-Pressesprecher Florian Gänzdörffer. Auf der Transatlantikroute könne es zudem zu kleinen Verspätungen kommen, da die Aschewolke weiträumig umflogen würde. „Wir rechnen aber nicht mit einem großen Streichkonzert“, so der Konzernsprecher.

Nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull 2010 hatte Verkehrsminister Peter Ramsauer für Deutschland einen Grenzwert von zwei Milligramm Asche pro Kubikmeter Luft festgelegt. Wird der Wert überschritten, wird ein generelles Flugverbot verhängt. Jörg Handwerg, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, sieht dieses Vorgehen generell positiv, die Haltung der Europäer hingegen kritisiert er. Ein Jahr nach dem Chaos auf den europäischen Flughäfen seien keine „konkreten Tests“ zur Ermittlung der Gefahr von Vulkanasche für die Flugzeuge durchgeführt worden. „Die Werte könnten zu niedrig, aber auch zu hoch angesetzt sein“, kritisiert Handwerg.

Grimsvötn spuckt Asche

Am 21. Mai machte der Island-Vulkan Grimsvötn deutlich auf sich aufmerksam...
Am 21. Mai machte der Island-Vulkan Grimsvötn deutlich auf sich aufmerksam... © AFP
Nach einer Eruption gegen 19 Uhr spuckte der Vulkan eine heftige Asche-Ladung in die Atmosphäre...
Nach einer Eruption gegen 19 Uhr spuckte der Vulkan eine heftige Asche-Ladung in die Atmosphäre... © AFP
Bis zu 11 Kilometer Höhe erreichten die Asche-Partikel und verdunkelten Islands Himmel.
Bis zu 11 Kilometer Höhe erreichten die Asche-Partikel und verdunkelten Islands Himmel. © AFP
Seitdem spuckt der Feuerberg Tag und Nacht Ruß und Staub in die Atmosphäre.
Seitdem spuckt der Feuerberg Tag und Nacht Ruß und Staub in die Atmosphäre. © AFP
Jetzt verteilt sich die Aschewolke langsam über Nordeuropa, wenn auch die Folgen sicher nicht so gravierend sein werden wie direkt vor Ort in Island.
Jetzt verteilt sich die Aschewolke langsam über Nordeuropa, wenn auch die Folgen sicher nicht so gravierend sein werden wie direkt vor Ort in Island. © AFP
Isländischen Schafhirten und ihre Tiere wandern durch die rauchgeschwängerte Luft. Auch dutzende Kilometer entfernt vom Vulkan ist die Aussicht trübe.
Isländischen Schafhirten und ihre Tiere wandern durch die rauchgeschwängerte Luft. Auch dutzende Kilometer entfernt vom Vulkan ist die Aussicht trübe. © AFP
Betroffen sind auch Touristen auf der Insel. Diese Besucher des Örtchens Nupur konnten am Tag nach dem Ausbruch nur mit Schutzmasken vor die Tür und standen knöcheltief in der Asche.
Betroffen sind auch Touristen auf der Insel. Diese Besucher des Örtchens Nupur konnten am Tag nach dem Ausbruch nur mit Schutzmasken vor die Tür und standen knöcheltief in der Asche. © AFP
Von oben sieht's nicht besser aus: Eine Satellitenaufnahme der Nasa vom 22. Mai zeigt das Zentrum der Eruption im Südosten Islands.
Von oben sieht's nicht besser aus: Eine Satellitenaufnahme der Nasa vom 22. Mai zeigt das Zentrum der Eruption im Südosten Islands. © AFP
Die Asche-Partikel, die sich in der Atmosphäre verteilen, schwärmen  in großer Höhe weit über Islands Grenzen hinaus. Das hat nicht nur Folgen für die Umwelt...
Die Asche-Partikel, die sich in der Atmosphäre verteilen, schwärmen in großer Höhe weit über Islands Grenzen hinaus. Das hat nicht nur Folgen für die Umwelt... © AFP
Wie schon beim Ausbruch des Eyjafjallajökull im März 2010 kommt es erneut zu Beeinträchtigungen im Flugverkehr...
Wie schon beim Ausbruch des Eyjafjallajökull im März 2010 kommt es erneut zu Beeinträchtigungen im Flugverkehr... © AFP
An anderen Flughäfen war dagegen gar nichts los, weil einfach alle Flüge abgesagt waren.
An anderen Flughäfen war dagegen gar nichts los, weil einfach alle Flüge abgesagt waren. © AFP
Über 100.000 Flüge wurden 2010 wegen der Vulkan-Asche gestrichen. Bei vielen Fluglinien herrschte lange anhaltende Flaute.
Über 100.000 Flüge wurden 2010 wegen der Vulkan-Asche gestrichen. Bei vielen Fluglinien herrschte lange anhaltende Flaute. © AFP
Und wer bis heute nicht weiß, wie der Verursacher-Vulkan des letzten Asche-Chaos hieß, muss nur mit dieser Maschine von Iceland-Air fliegen.
Und wer bis heute nicht weiß, wie der Verursacher-Vulkan des letzten Asche-Chaos hieß, muss nur mit dieser Maschine von Iceland-Air fliegen. © AFP
Wie groß die Folgen des aktuellen Grimsvötn-Ausbruchs sein werden, ist noch nicht abzusehen. Allerdings soll es sich diesmal um schwerere Asche-Teilchen handeln, die sich nicht so lange in der Atmosphäre umherschweben können.
Wie groß die Folgen des aktuellen Grimsvötn-Ausbruchs sein werden, ist noch nicht abzusehen. Allerdings soll es sich diesmal um schwerere Asche-Teilchen handeln, die sich nicht so lange in der Atmosphäre umherschweben können. © AP/Jon Gustafsson
1/14

Dazu komme, dass jeder Staat in Europa selbst entscheidet, ob er seinen Luftraum schließe. „Da sind sie sich einig“, sagt Handwerg. „Kein Staat möchte Kompetenzen abgeben.“ Von daher klang die Empfehlung des europäischen Krisenzentrum EACCC gestern fast sibyllinisch: Jedes Land sollte die Airlines selbst entscheiden lassen, ob sie denn fliegen wollen – oder nicht.

Derweil hat sich der Vulkan Grimsvötn weiter beruhigt. „Die Aktivitäten haben abgenommen. Der Ausbruch ist deutlich schwächer als am ersten Tag“, berichtete Olöf Baldursdottir vom isländischen Wetterdienst am Dienstagmittag. „Bei uns in Kirkjubæjarklaustur löst sich die Dunkelheit seit gestern Abend zunehmend auf“, berichtete ein Bewohner in der Vulkanregion. Vielleicht gilt das ja auch für die Wolke.