Grefrath. . Der Fall des getöteten Mirco aus Grefrath erschütterte das Land. Seine Eltern sprechen nun erstmals öffentlich über ihre Gedanken und Gefühle auch gegenüber dem Täter.

Fast drei Monate sind vergangen, als die Polizei am 26. Januar den Mörder von Mirco aus Grefrath fasste. Für die Familie wich eine monatelange Zeit des Hoffens und Bangens der Gewissheit: Mirco ist tot. Getötet von einem Familienvater aus Schwalmtal. Was den 45-Jährigen damals, am 3. September antrieb, warum er den Zehnjährigen entführte, sexuell missbrauchte und später erdrosselte, ist bis heute unklar. Vielleicht bringt der Prozess, der im Juli in Krefeld beginnen soll, mehr Klarheit.

Für die Eltern Reinhard und Sandra Schlitter und die drei Geschwister hat seither die Bewältigung begonnen. Was empfinden sie, wenn sie an den Mörder ihres Sohnes denken? „Wir möchten nicht über den Täter urteilen, das müssen die Gerichte tun“, erzählten sie jetzt in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“. Hass können sie keinen empfinden. „Wir können keinen Hass auf uns laden. Denn das wäre der falsche Weg; Hass würde unsere Entwicklung bremsen und wir könnten unseren Glauben nicht leben wie bisher“, berichtet Mircos Mutter.

„Der Familie des Täters geht es fast schlimmer als uns“

Bei all ihrem Schmerz über den Verlust ihres Sohnes - Sandra Schlitter hält auch die Familie des Täters für Opfer. „Ihnen geht es fast schlimmer als uns“, sagt sie gegenüber der „Rheinischen Post“. „Als ich erfahren habe, dass er Vater von Kindern und verheiratet ist, habe ich gedacht, dass er nicht nur eine Familie kaputt macht, sondern gleich zwei.“

Das Motiv des Täters interessiert die Familie nicht: „Eigentlich brauche ich keinen Grund. Das ändert für mich nichts an der Situation“, betont Reinhard Schlitter. Mircos Mutter dagegen quält eine andere Frage, wie sie der „Bild am Sonntag“, sagte: Was geschah, kurz bevor Mirco starb? Was waren Mircos letzte Worte? Was tat er? „Das ist das Einzige, was wir von dem Täter gern erfahren möchten.“

Sie erzählt, wie sich Mirco am 3. September im Laden, wo sie arbeitet, verabschiedet hat, weil er mit einem Freund verabredet war. Wie sie abends früher ins Bett ging und erst am nächsten Morgen Mircos Bett leer fand. Sie rief die Eltern des Freundes an - vergebens. Mirco blieb verschwunden. „Ich habe dann schon befürchtet, dass etwas passiert ist.“

Glaube hilft

Vorwürfe, dass sie Mircos Verschwinden erst am nächsten Tag bemerkten, machen sich die Eltern nicht: „Wir haben von dem Zeitpunkt an gesagt: Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen wollen wir uns nicht fertig machen“, so Sandra Schlitter.

Der Glaube hilft der Familie, über den Verlust hinwegzukommen. Während die Polizei über fünf Monate nach dem Jungen suchte, betete Sandra Schlitter. Die Familie habe in dieser Zeit viel mit Gott gesprochen und viel Zuspruch erfahren. „Wir haben erfahren, dass selbst in diesem Unglück eine positive Kraft liegt, die uns nach vorn trägt.“ Diese Kraft habe auch Mirco in seinen letzten Stunden getragen, sind sich die Eltern sicher.

In ihrem Glaube liegt schließlich auch der Trost: „Wir wissen, dass wir Mirco wiedersehen“. (jgr)

Am heutigen Montagabend sind Sandra und Reinhard Schlitter auch bei Beckmann zu Gast, ARD, 22.45 Uhr.