Alphen aan den Rijn. . Der Amokläufer aus dem niederländischen Alphen aan den Rijn, der am Samstag ein Blutbad anrichtete und sechs Menschen tötete, hatte wohl schon länger Selbstmordabsichten. Auch soll er häufig gedroht haben, Menschen „kaputt zu schießen“.

Als es zu spät ist, haben es mal wieder alle gewusst. „Er war schizophren“, gibt der Onkel am Montag zu Protokoll. „Er war nur mit Ballerspielen und seinen Waffen beschäftigt“, tun Nachbarn kund. „Er hat getan, was er immer gesagt hat: Menschen über den Haufen schießen“, meldet ein früherer Kollege. Dabei war am Samstag die Fassungslosigkeit grenzenlos, als genau das geschah: als Tristan van der V., 24, im niederländischen Alphen aan den Rijn ein Blutbad anrichtete und sechs Menschen tötete.

,,Als ich von dem Amoklauf im Einkaufszentrum ,de Ridderhof’ hörte, war mir gleich klar: Das war Tristan“, sagt John van Meeteren jetzt, der mit dem Amokschützen die Schulbank drückte. „Er war ein Waffenfreak. Dreimal die Woche ging er zum Schützenverein.“ Andere Jugendliche, erklärt sein Ex-Kollege André van de Werken, „freuen sich, mit 18 den Führerschein machen zu können. Tristan freute sich nur auf den Waffenschein. Er redete nur darüber“.

Nun ist das noch keine natürliche Voraussetzung, um Leute „kaputt zu schießen“, womit der 24-Jährige häufiger gedroht haben soll. Doch jetzt wird deutlich: Der Sohn getrennt lebender Eltern, der erst kürzlich seinen Job als Leiharbeiter verlor, hatte schon länger Selbstmordgedanken. Hinweise darauf entdeckten die Ermittler bei der Durchsicht seiner Computerdaten. Er habe sich „down“ gefühlt, so Oberstaatsanwältin Kitty Nooy. Und das nicht zum ersten Mal: 2006 wurde van der V., der sich als Chauffeur, Putzmann und Lagerarbeiter verdingt hat, zehn Tage wegen Suizidgefahr in der Psychiatrie behandelt. „Tristan ging es schon jahrelang nicht gut“, sagt sein Onkel Wim Lourens heute. „Er war immer sehr niedergeschlagen und oft zornig.“ Auch alte Kollegen berichten, der Sohn eines Künstlers habe keine Freunde gehabt und immer allein sein wollen.

Schuss mit Luftpistole ins eigene Bein

„Er hat nie mit uns Pause gemacht, setzte sich ins Auto und hörte Musik“, berichtet van de Werken. Und falls er doch redete, dann meist über seine Waffen: Drei besaß er nach Angaben der Polizei, alle drei benutzte er auch, als er am Samstag mehr als hundert Schüsse abgab. 16 Opfer überlebten schwer verletzt, drei kämpfen noch gegen den Tod.

Wobei Tristan van der V. diese Waffen gar nicht hätte haben dürfen. Zwar hatte er als Sportschütze eine Genehmigung, die automatischen Waffen, die er bei sich trug, sind aber auch in den Niederlanden verboten. Die Polizei spekuliert, dass der Täter, der seinen letzten Schuss gegen sich selbst richtete, seine Halbautomaten umgebaut hat. Wäre jedoch eine psychische Erkrankung aktenkundig gewesen, hätte eine Erlaubnis ohnehin nie erteilt werden dürfen. Zumal der Alphener schon einmal aufgefallen war: 2003, als sich der 16-Jährige mit einer Luftpistole ins Bein schoss. Die Ermittlungen wurden damals eingestellt. Was offensichtlich niemand mehr wusste, als der Volljährige in den Schießsportclub eintrat.

Das genaue Motiv für die Tat, die drei Frauen (91, 68, 45) und drei Männer (80, 49, 42) nicht überlebten, wird wohl nicht zu klären sein. Im Abschiedsbrief, den seine Mutter fand, verweist van der V. auf „Umstände“, die er nicht näher erläutert.