Münster/An Rhein und Ruhr.. Das freudige Ereignis der Nashorngeburt im Zoo Münster endete nach wenigen Stunden tragisch. Nashornkuh Emmi drückte das Kleine gegen die Wand - das Kalb starb.
Nashornkuh „Emmi“ stapfte gestern durch ihr Gehege – so, als wäre nichts gewesen. Dabei schwankt die Stimmung von Besuchern und Personal im Allwetterzoo Münster zwischen Ratlosigkeit und Trauer: Warum nur hat „Emmi“ ihrem frisch zur Welt gekommenen Kalb einen tödlichen Stoß versetzt? „Unerklärlich, dieser Aussetzer“, sagt Zoo-Kurator Dr. Dirk Wewers.
Das Breitmaulnashorn-Kalb war am Wochenende zur Welt gekommen. Es wurde nur eine Stunde alt, dann drückte „Emmy“ das 65 Kilo schwere Kalb gegen eine Wand. Vermutlich starb das Jungtier an seinen inneren Verletzungen. Eine Obduktion soll das nun klären. Zoodirektor Jörg Adler hat entschieden, dass „Emmi“ für weitere Zuchtversuche nicht mehr infrage kommt.
Denn: Schon die ersten beiden Zuchtversuche, im August 2000 und im Juli 2005, endeten nach Attacken von „Emmi“ mit dem Tod der Kälber. Nur 2009 glückte eine Aufzucht, weil Nashornbaby „Ebun“ kurz nach der Geburt von seiner Mutter getrennt wurde. Im Wissen um die problematische Vorgeschichte hatte man sich im Münsteraner Zoo akribisch auf „Emmis“ vierte Geburt vorbereitet, vergebens.
Mit Gerüchen
stimuliert
Betroffenheit auch in anderen Tierparks: „Man freut sich über jedes Baby – und dann das!“, sagt Volker Grün vom Duisburger Zoo. Am Kaiserberg leben auch zwei Breitmaulnashörner. Das Pärchen (beide etwa Jahrgang 1966) ist aber schon zu alt für eine Nachzucht. „Das Paarungsverhaltungen von Nashörnern ist sehr kompliziert. Die Tiere müssen mit Gerüchen stimuliert werden“, weiß Grün, Mitglied der Arterhaltungskommission, die die Zuchtbücher für diese Tiere in Europas Zoos führt. In NRW leben Breitmaulnashörner sonst nur im Dortmunder Tierpark. „In ganz Europa werden sie in 71 Zoos gehalten – und nur etwa ein halbes Dutzend Tierparks züchtet auch“, berichtet Biologe Grün. „Bei der Nashorn-Nachzucht muss alles perfekt sein“, sagt Petra Schwinn vom Zoo Krefeld. Man benötige ein harmonisches Pärchen, und die Kuh müsse ihre Mutterrolle akzeptieren. Der Krefelder Zoo züchtet sehr erfolgreich Spitzmaulnashörner. Bulle Usomi und Kuh Nane hatten seit dem Februar 2006 schon dreimal Nachwuchs - zuletzt im vergangenen Jahr. Nashorn-Mädchen „Kibibi“ ist derzeit einer der Publikumslieblinge an der Grotenburg. Die Krefelder Tierpfleger und Biologen haben aber auch andere Zeiten mit ihren Nashörnern erlebt. Lange Zeit wollte es mit dem Nachwuchs gar nicht klappen. Bei Vorgängerbulle „Jakob“ und „Nane“ hatte es bloß zu einer kumpeligen Freundschaft gereicht.
Bei der Umweltschutzorganisation WWF weisen Artenschutzexperten darauf hin, dass ein Verhalten, wie es „Emmi“ zeigte, in freier Wildbahn nicht vorkomme. „Gegen eine seriöse, wissenschaftliche Nachzucht in Tierparks ist jedoch nichts einzuwenden“ betonte WWF-Sprecher Roland Gramling.