Paris.

In Paris hat am Dienstag der Prozess gegen einen 75-jährigen Deutschen begonnen, der vor 29 Jahren seine 15-jährige Stieftochter missbraucht und getötet haben soll. Er wurde 2009 nach Frankreich verschleppt.

Auf diesen Prozess hat André Bamberski fast 29 Jahre gewartet, an diesem Dienstag ist es endlich soweit. Vorbei an Dutzenden Fernsehkameras und Mikrofonen bahnt sich Kalinkas Vater den Weg in den imposanten Schwurgerichtssaal. Der Pariser Justizpalast ist Schauplatz eines Justizkrimis, der in Frankreich hohe Wellen schlägt. Um kurz vor zehn Uhr betritt der deutsche Internist Dr. Dieter Krombach (75), der Mann, in dem Bamberski den Mörder seiner Tochter sieht, den Saal – genauer gesagt: einen käfigähnliche Kasten aus dickem Panzerglas.

Während Bamberski triumphierend in Prozessakten blättert, kauert der Angeklagte unsicher auf seinem Stuhl. Es ist ein Duell zweier verfeindeter Männer, die sich keines Blickes würdigen. Für Bamberski steht fest, dass Krombach seine fast 15 Jahre alte Tochter Kalinka in der Nacht vom 9. auf den 10. Juli 1982 missbraucht und dann mit einer Spritze getötet hat. Ein Vorwurf, den der Deutsche vehement bestreitet. Krombach war Arzt und der Stiefvater von Kalinka.

Während die deutsche Justiz Krombach für unschuldig hält, verurteilte ihn die französische 1995 zu 15 Jahren Freiheitsstrafe wegen „Körperverletzung mit Todesfolge“. Doch Deutschland weigerte sich, den daheim für unschuldig Erklärten an Frankreich auszuliefern. So beauftragte Bamberski im Herbst 2009 offenbar drei Entführer, die den Deutschen in einem spektakulären Akt von Selbstjustiz über die Grenze ins elsässische Mülhausen schleppten.

Sichtlich nervös

Wenn die Vorsitzende des Schwurgerichts, Xavière Simeoni, das Wort an den Angeklagten richtet, nennt sie ihn stets „Monsieur Krombak“. Dieser, sichtlich nervös, verhaspelt sich. Obwohl zwei Dolmetscher zur Verfügung stehen, versucht er französisch zu sprechen – und macht sich zehn Jahre jünger.

Unter welchen Umständen Kalinka starb, rückt zum Prozessauftakt noch in den Hintergrund. Die Verteidigung weist stattdessen auf die Nichtigkeit des Mordprozesses hin, weil man nicht zweimal in derselben Sache verurteilt werden könne.