Amsterdam. . Ein Phänomen macht in den Niederlanden und in Großbritannien Schlagzeilen: „Lover-Boys“, die im Internet auf die Jagd gehen. Ihre Opfer sind junge Mädchen, meist aus problematischen Elternhäusern.

„Aufklärung ist dringend nötig. Die Aufklärung muss an den Schulen erfolgen. Junge Mädchen müssen wissen, wie sie einen Lover-Boy erkennen können“, wettert der Amsterdamer Stadtrat Eric van der Burg. Der zuständige Schöffe für das Erziehungswesen in Amsterdam will ab Beginn des neuen Schuljahres im Spätsommer dieses Jahres an den weiterführenden Schulen der Stadt eine neue Form des Sexualkundeunterrichts einführen. „Wir brauchen dieses völlig neu konzipierte Fach Sex!“ Unterrichten aber sollen Polizisten und Polizistinnen.

Ein Phänomen macht in den Niederlanden und in Großbritannien Schlagzeilen. Opfer sind junge Mädchen, die aus problematischen Elternhäusern stammen, pubertäre Probleme haben oder gar in ihrer Entwicklung geistig zurückgeblieben sind. Sie fallen auf die Masche sogenannter „Lover-Boys“ herein, die nach einem klaren Muster vorgehen.

Es beginnt mit einem
Flirt in der Disco

Es beginnt in der Regel mit einem Flirt in der Disco oder beim Shoppen. Man trifft sich. Erst werden die Mädchen verwöhnt und mit Geschenken überhäuft. Sie dürfen sich kaufen, was sie wollen. Als Gegenleistung für die vielen Geschenke gibt es - auch - Sex. Nach einiger Zeit schlägt ein Lover-Boy seiner „Freundin“ oft vor, ob sie auch mit seinem besten Freund einmal Sex haben wolle. Immer auch gibt es Druck, wenn das Mädchen nicht dem Vorschlag folgt, Liebesentzug. Geht sie auf das Angebot des „Freundes“ ein, landet sie rasch in einem Bordell, auf dem Straßenstrich oder hinter einem rot beleuchteten Fenster im Rotlichtbezirk. Jetzt geht der „Lover-Boy“ über zu psychischem Druck und meist auch physischer Gewalt. Die „Freundin“ ist „fremdgegangen“, wird als „Hure“ verstoßen. Häufig werden die Mädchen dann geschlagen. Der Lover-Boy droht, die Eltern einzuweihen, dass ihre Tochter auf den Strich geht.

,,Bei mir passierte es vor vier Jahren, als sich meine Eltern scheiden ließen. Ich war so einsam. Er schenkte mir Aufmerksamkeit, Liebe und machte mir viele Geschenke. Das tat mir gut. Das habe ich gebraucht. Irgendwann dann fragte er einmal, ob ich mir vorstellen könne, als Prostituierte zu arbeiten. Ich habe es für ihn gemacht. Vier Jahre lang“, berichtet ein weibliches Opfer eines Lover-Boys. Sie warnt: „Das Geld, das ich verdiente, musste ich ihm geben. Es war nicht einfach, wieder von ihm los zu kommen. Aber mit Hilfe meiner Familie habe ich es dann doch geschafft!“ Und weiter: „Die Typen haben immer viel Geld, können aber nie erklären, warum. Ihr Handy klingelt ständig. Denn in der Regel arbeiten mehrere Mädchen für sie.“

Unwissenheit ist groß

„Die Unwissenheit unter vielen jungen Mädchen über Sex und über Lover-Boys ist groß. Sie muss schleunigst beseitigt werden“, fordert der Amsterdamer Stadtrat Eric van der Burg. Eine Lehrerin habe ihm kürzlich berichtet, dass eine 15-jährige Schülerin sie allen Ernstes fragte, wann denn Jungen ihre Periode bekämen. Solche naiven jungen Mädchen seien die ideale „Beute“ für die Lover-Boys. Also müsse man vor allem den jungen Schülerinnen deutlich machen, wie sie sich davor schützen könnten.

Haben die Lover-Boys die Kontrolle über die Mädchen und gehen diese für sie anschaffen, sind Polizei oder Sozialarbeitern oft die Hände gebunden. Die Mädchen behaupten, sie machten es freiwillig, oder leugnen einfach. Noch schwieriger ist es dann, die Lover-Boys wegen Zuhälterei zu bestrafen.

Neben der Aufklärungskampagne an den Schulen über die Lover-Boys, die junge Mädchen für die Prostitution rekrutieren, werde die Stadt Amsterdam aber auch eine Info-Website darüber ins Netz stellen. Der Arbeitstitel ist derzeit: „Mona“. Dort soll ebenfalls vor der ausgeklügelten Masche der Lover-Boys gewarnt werden. Auf der privat initiierten Seite www.stop­loverboys.nu kommen bereits Betroffene zu Wort. Dort werden auch junge Mädchen aufgelistet, die nach dem Kontakt mit einem Lover-Boy verschwunden sind.