An Rhein und Ruhr. „Licht aus, Spot an!“ – ein Satz, der in den Zitatenschatz des deutschen Fernsehens einging. An Samstagabenden in den Siebzigern war er fester Bestandteil von „disco“. Mit ihrer kühnen Mischung aus Schlager, Pop und Rock, garniert mit Sketchen und Klamauk, begeisterte die Musikshow ein Millionen-Publikum. Ihren Moderator, Ilja Richter, machte sie zum Star.

Herr Richter, kommendes Wochenende jährt sich zum 40. Mal der Geburtstag Ihrer legendären Sendung „disco“. Das ZDF gratuliert mit einer einer langen Kultnacht (Sa., 0.20 Uhr bis 5.35 Uhr). Eine Ehre für Sie?
Ilja Richter: Sicherlich. Der Mensch ist ja ein rückwärtsblickendes, sentimentales Tier. Ich bin da keine Ausnahme. Natürlich werde ich gerne an „disco“-Zeiten erinnert, die für mich ja sehr erfolgreich waren.

Sie waren sehr jung, als Sie die Moderation der Sendung übernahmen...
Richter: Das kann man wohl sagen: Ich war 18. Trotzdem brachte ich schon jede Menge Erfahrung mit. Mit neun Jahren hatte ich das erste Mal auf der Bühne gestanden, ich hatte in mehr als 60 Hörspielen mitgewirkt und außerdem die Musiksendung 4-3-2-1 Hot & Sweet komoderiert. Ein Neuling in der Branche war ich also nicht. Außerdem war ich frech und selbstbewusst ge-nug, um mich durchzusetzen.

Alte Zeiten: Ohne Anzug und Fliege ging Ilja Richter nicht vor die Kamera. (Foto: ZDF/ Erich Windprechtiger)
Alte Zeiten: Ohne Anzug und Fliege ging Ilja Richter nicht vor die Kamera. (Foto: ZDF/ Erich Windprechtiger) © Unbekannt | Unbekannt

Worin bestand Ihr Anteil an der Sendung?
Richter: Na, in der ganzen Art der Moderation und auch was die Verbindung von Pop und Komik betrifft. Welche Künstler auftraten, das war vom Sender vorgegeben und orientierte sich natürlich an den damaligen Hitlisten. Aber in der Art und Weise, wie ich durch die Sendung führte, war ich schon relativ frei. Ich sage bewusst: relativ. Denn so wild und lustig, wie sich manche die Siebziger heute vorstellen, war diese Dekade gar nicht. Es gab jede Menge Vorgaben und Einschränkungen.

Trotzdem haben Sie es geschafft, die Sketche als festen Bestandteil der Show zu etablieren...
Richter: Ja, ich wollte nicht diese typische Form von Musiksendung bringen. Ich wollte etwas Neues machen. Also schrieb ich Sketche, bei denen mich meine Mutter beriet. Sie war meine Geheimwaffe. Die Sketche wurden zum wichtigen Markenzeichen von „disco“. Es hat auch Versuche gegeben, dieses Konzept zu kopieren. Denken Sie nur an die „Plattenküche“. Aber wir waren die Ersten, und wir waren auch nicht so klamottig, wie es die Nachahmer waren.

Zu ihrem persönlichen Stil gehörte auch eine sehr spezielle Kleidung: Sie trugen stets Anzug und Fliege, als alle anderen Jeans und Plateauschuhe trugen. War Ihr Aufzug ironisch gemeint?
Richter: Ganz und gar nicht! Elegante Anzüge entsprachen meinem modischen Geschmack. Ich bin anders aufgewachsen als meine Altersgenossen, wurde ganz anders sozialisiert. Ich wollte einfach keine Jeans oder Batikhemden tragen.

Ab Mai gehen Sie mit einer Bühnenversion von „disco“ auf Tournee. Erwartet die Zuschauer eine 1:1-Adaption der Fernsehshow?
Richter: Ein klares Nein! Da ich alles, auch das Zurückblicken , im Hier und Jetzt betreibe, wird die Bühnenshow mit Sicherheit keine Sentimental Journey of Ilja. Ich bilde mir nicht ein, die siebziger Jahre zurückholen zu können.Das wäre auch peinlich. Wenn ich heute als 58-Jähriger auf die Kanzel springe, und „Hallo Freunde“ rufe, dann ist das ein selbstironisches Zitat. Parodie und Selbstironie sind wichtige Elemente dieser Show und wer darüber nicht schmunzeln kann, sollte besser nicht kommen.