St. Goar. . Das kleine THW-Boot ist zwischen den großen Binnenschiffen unterwegs. Die kommen nämlich nicht weiter, denn noch immer blockiert die gekenterte Schiff MS Waldhof den Rhein. Das THW versorgt die Schiffer mit Wasser und anderen Lebensmitteln.
Wieder so ein Tag, der nicht richtig Tag werden will, nicht richtig hell. Drei Grad zeigt das Thermometer und die dunklen Wolken am Himmel über St. Goar liefern sich ein Rennen mit den braunen Fluten des Rheins, die durch das Tal strömen. Dick eingemummt und mit vom Wetter geröteten Gesichtern stehen die vier Männer vom Technischen Hilfswerk (THW) auf ihrem kleinen Schiff, das gegen die starke Strömung des Flusses kämpft. Schutzlos sind sie seit Stunden Wind, Kälte und Regen ausgeliefert, doch Dirk Büttgen, Schirrmeister beim THW Saarlouis, winkt ab. „Die Leute da draußen“, sagt er und zeigt über das Wasser, „die haben ganz andere Probleme.
„Die Leute da draußen“ sind Binnenschiffer, die festsitzen am Rhein. Weil am Donnerstag vergangener Woche das Tankschiff „Waldhof“ mit 2,4 Millionen Liter hoch konzentrierter Schwefelsäure an Bord gekentert ist und noch immer da liegt, direkt unterhalb des Loreley-Felsens. Seitdem geht nichts mehr auf dem Rhein. „Zehn Minuten später und wir wären durch gewesen“, ärgert sich Schiffmann Marquard, der als einer der ersten die Maschinen stoppen und kurz vor Anker gehen musste. Kein Einzelfall. Mittlerweile liegen rund 250 Schiffe auf beiden Seiten der Unglücksstelle. Mit Kies, Holzpellets oder Dünger im Bauch und vielen Sorgen an Bord. Denn für viele Kapitäne wird der finanzielle Schaden von Tag zu Tag größer. „1000 Euro am Tag kostet mich das“ sagt einer und ein Kollege kommt gar auf den doppelten Betrag. „Lange darf das nicht so weiter gehen.“
Die Zwangspause kostet aber nicht nur Geld, sie kostet auch Nerven. Vor allem bei den Besatzungen, die nicht das Glück hatten, in einem Hafen oder zumindest am Ufer festzumachen. Mitten auf dem Strom liegen sie und längst ist das Deck geschrubbt, sind überfällige Reparaturen erledigt. Außerdem mangelt es langsam an vielem – vom Wasser bis hin zur frischen Windel für den Nachwuchs an Bord. „Deshalb hat die Wasser- und Schifffahrtsdirektion uns gerufen“, sagt Susanne Walz vom THW Montabaur. „Seit Samstag sind wir da.“ Seitdem können die Gestrandeten ihre Bestellungen aufgeben beim THW.
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Sobald es hell wird wirft Andreas Lubjuhn seitdem den Motor seines Bootes an. „In der Dunkelheit dürfen wir nicht fahren“, erklärt sein Kollege Theo Raber. „Zu gefährlich“. Schon wegen des Treibguts, das der Fluss derzeit reichlich mit sich führt. Aber auch bei Tag ist die Fahrt auf Vater Rhein derzeit kein Vergnügen. „Die Strömung ist heftig“, weiß Lubjuhn.
Trotzdem ist das THW immer wieder unterwegs. „Bestellung für die Mainz“, sagt Sebastian Hasenbein und weist stromaufwärts. Mit Vollgas pflügt das kleine Boot durch die Fluten. Von den Schiffen, die die THW-Männer passieren, wird gewunken. „Habt ihr noch Wasser?“, ruft ein Kapitän. „Alles vorbestellt“, bedauert Dirk Büttgen. „Aber wir kommen wieder.“
Manchmal aber müssen auch die Männer vom THW passen. Zur „MS Mainz“ kommen sie im ersten Anlauf jedenfalls nicht. Zu stark und tückisch ist die Strömung unweit der Unglücksstelle für ihr Boot, zu schwer der 1500-Liter Wassertank an Bord „Hat keinen Zweck“, sagt Lubjuhn und bricht ab. „Sonst liegen wir gleich daneben.“ Wird eben erst ein anderes Schiff versorgt.
Einsatzende ist offen
Kurze Pause. Eben die Bestände auffüllen, dann geht es auch schon wieder los. „Am Abend weißt du, was du getan hast“, sagt Hasenbein. Die Schiffer wissen das zu schätzen. „Tolle Arbeit“, sagt nicht nur Kapitän Marquardt.
Wie lange das THW noch als Wassertaxi arbeiten muss, ist unklar. Flussaufwärts dürfen mittlerweile die ersten Schiffe wieder langsam das Wrack der „Waldhof“ passieren. Flussabwärts allerdings bleibt der Rhein weiterhin gesperrt. Büttgen zuckt die Schultern. „Wir bleiben, bis man uns nicht mehr braucht,“