Paris. .

Diese Liebesaffäre ist filmreif. Der Direktor des Versailler Frauen-Gefängnisses in Paris, in dem Schwerverbrecherinnen einsitzen, verliebte sich in einen Häftling. Nun ist er selbst ein Fall für Justiz.

Kollegen beschreiben den Direktor des Frauengefängnisses von Versailles als einen Ausbund an Tugendhaftigkeit. „Streng, unnachgiebig, in jeder Hinsicht professionell“, sagen sie. Doch dann wurde er schwach, sehr schwach sgoar. Denn beim Anblick der bildhübschen Yalda muss der bis dahin untadelige „Monsieur Le Directeur“ nahezu sämtliche Dienstvorschriften über die hohen Knastmauern geworfen haben. Florent Goncalves (41), doppelt so alt wie die verführerische Gefangene, verknallte sich so heftig, dass er nun selber in der Arrestzelle landete.

Es ist eine Liebesaffäre, die Frankreich aufwühlt. Wäre Yalda eine Kleinkriminelle, etwa eine notorische Kaufhausdiebin, würden die an zwischenmenschliche Schwächen gewöhnten Franzosen - halb verständnisvoll, halb mitfühlend - über die Liebesaffäre hinter Gittern bestimmt milde schmunzeln. Doch in diesem Fall verhalten sich die Dinge grundlegend anders. Denn Yalda Sorour Arbabzadeh, inzwischen 21, ist die Schlüsselfigur in einem der abscheulichsten Verbrechen der jüngeren französischen Kriminalgeschichte.

Brutale Hinrichtung

Weil sie 2006 maßgeblich an der spektakulären Entführung und Ermordung des jungen Parisers Ilan Halimi, eines jüdischen Handyverkäufers, beteiligt war, wurde sie im Sommer 2009 zu neun Jahren Haft verurteilt. Ein Strafmaß, das erst vor einem Monat im Revisionsverfahren bestätigt wurde. Yalda fungierte in dem Mordfall als „Lockvogel“. Die damals 17-Jährige lieferte den ahnungslosen Ilan der selbst ernannten „Bande der Barbaren“ aus.

Die zehn Bandenmitglieder, frustrierte und zumeist antisemitische Muslime aus der trostlosen Pariser Banlieue mit dem besonders skrupellosen Youssouf Fofana als Anführer, wollten 450.000 Euro Lösegeld erpressen. In einer Wohnung im Vorort Bagneux hielten die Kerkermeister Ilan gefangen - und quälten ihn auf bestialische Weise. In Handschellen gelegt, das Gesicht verklebt folterten sie ihr wehrloses Opfer drei Wochen lang. Als die Geldübergabe scheiterte, warfen sie Ilan auf einen Bahndamm, gossen Benzin über seinen geschundenen und nahezu leblosen Körper und zündeten ihn an. Unter unermesslichen Qualen erlag Ilan auf dem Weg ins Krankenhaus seinen tödlichen Verletzungen.

Familienvater erliegt „Femme fatale“

Ortswechsel. Der Frauenknast von Versailles: 80 Frauen sind hier inhaftiert - darunter auch Yalda, über die sie sagen, sie sei eine Mischung aus Vamp und „Femme fatale“. Anstatt zu arbeiten oder zur Schule zu gehen, habe die dunkelhaarige und mit auffälligen Rundungen ausgestattete Schönheit die Morgenstunden damit verbracht, sich „aufzubrezeln“. Es dauerte nicht lange, da bandelt sie mit dem Direktor an. Und Florent Goncalves, Vater einer kleinen Tochter, erliegt erstaunlich schnell dem Charme der schönen Gefangenen. Dem Gefängnisdirektor, nun selbst ein Fall für die Justiz, werfen sie vor, zwischen Dezember 2009 und Oktober 2010 „sexuelle Beziehungen“ mit Yalda unterhalten und ihr im Gegenzug großzügig etliche Vergünstigungen gewährt zu haben: mal eine leichte Beschäftigung, mal Bargeld, mal Pakete von draußen.

Florent und Yalda - der smarte Direktor und die hübsche Gefangene. Ihn macht die Liebe blind, aber im überschaubaren Mikrokosmos Knast bleibt die heiße Sexaffäre nicht lange verborgen. Je heftiger Florent Goncalves den Reizen der rassigen Yalda erliegt, desto selbstbewusster tritt die Gefangene auf. Am Ende nennen die kichernden Mitgefangenen sie augenzwinkernd „la directrice“, die Chefin.

Anstaltsleiter wollte neues Leben beginnen

Nun, am Ende packen die Mitwisserinnen schließlich doch aus, bei einer Inspektion Ende November fliegt die Affäre auf. Und Florent Goncalves gesteht alles. Ja, er habe sich unsterblich verliebt, zitieren Eingeweihte gegenüber der Zeitung „Le Parisien“ den inzwischen vom Dienst suspendierten Anstaltsleiter. Sein Kalkül: Wegen guter Führung wäre Yalda in absehbarer Zeit zur Bewährung auf freien Fuß gesetzt worden. Fortan hätte das ungleiche Paar ein neues Leben beginnen wollen.

Die Ermittlungen brachten inzwischen ein weiteres Detail zu Tage. Neben Florent Goncalves verdrehte Yalda auch einem 36 Jahre alten Gefängniswärter so sehr den Kopf, dass dieser ihr widerrechtlich eine SIM-Karte fürs Handy zuspielte. Auch er wurde vorübergehend festgenommen.

Ein Untersuchungsrichter hat Goncalves inzwischen verboten, seinen Beruf im Strafvollzug auszuüben und jemals wieder ein Gefängnis zu betreten. An seine große Zeit als stolzer Direktor des Frauengefängnisses von Versailles wird Florent Goncalves in Zukunft ein Foto vom Juni 2010 erinnern. Es zeigt ihn an der Seite von Justizministerin Michèle Aillot-Marie: in einer prachtvollen dunkelblauen, mit silbernen Schulterstücken und Knöpfen besetzten Offiziersuniform, weißen Handschuhen - sowie mit einem seltsam versonnenen Gesichtsausdruck.