Düsseldorf. .

Das Winterchaos ist kaum vorbei, da droht das nächste Unwetter: Am Wochenende soll Tauwetter einsetzen, damit steigen die Flusspegel - und es droht Hochwasser am Rhein.

Am Anfang war noch alles schön: Eine dünne Schneeschicht verwandelte Deutschland in eine Winterlandschaft. Was allerdings so traumhaft begann und vielen Menschen Bing Crosbys Traum von „White Christmas“ erfüllte, entwickelte sich mancherorts schnell zum Ärgernis. Die Schneemassen türmten sich so hoch auf, dass selbst die Winterdienste nicht mehr durchkamen, vielen Städten und Kommunen ging das Streusalz aus.

Und damit nicht genug: Nun droht auch noch Hochwasser. Denn für das kommende Wochenende kündigen die Meteorologen Tauwetter an. Auf bis zu zehn Grad klettert das Thermometer an Rhein und Ruhr. „Die Höchstwerte liegen im Düsseldorfer Raum“, sagt Roland Vögtlin vom Wetterdienst Meteomedia. „Zusätzlich zum Tauwetter wird es Regenfälle geben.“ Dann, so der Wetterexperte, muss man den Rhein im Auge behalten. „Es könnte zu einem Wechselspiel kommen“, erklärt Vögtlin. „Der Schnee nimmt zwar einiges an Niederschlägen auf, aber wenn er schmilzt, ist ein erheblicher Anstieg des Rheinpegels zu befürchten.“ Im gleichen Atemzug warnt er aber davor, verfrüht in Panik auszubrechen: „Man muss jetzt einfach abwarten, wie sich das Wetter entwickelt.“

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz dagegen schätzt die Hochwassergefahr als „sehr real“ ein. Laut Pressesprecher Peter Schütz kommt es zu „einer Kombination aus zwei Ereignissen“: Das eine sei die einsetzende Schneeschmelze, das andere der ab Donnerstag einsetzende „lange und ergiebige Regen“.

Allerdings habe das Landesamt, so Schütz, derzeit noch keine Übersicht und kann daher noch nicht beurteilen, wo die Gefahr besonders groß sei. „Man kann sich trotzdem jetzt nicht mehr rausreden und am Montag über das Hochwasser überrascht sein“, konstatiert der Pressesprecher. „Die Autofahrer, die ihre Wagen am Rheinufer parken, sollten sich eventuell am Wochenende schon mal nach neuen Parkplätzen umsehen.“

Voraussetzungen gegeben

Weniger schwarzmalerisch klingt die Prognose in Emmerich. Die Stadt am Rhein sieht dem Hochwasser nach Angaben des Stadtsprechers Herbert Kleipaß gelassen entgegen: „Unser Hochwasserschutz ist so hoch ausgebaut, wenn da was drübergeht, steht auch Holland unter Wasser.“

Dennoch ist der ebenfalls in Emmerich ansässige Deichverband Bislich-Landesgrenze wachsam. „Fakt ist, dass alle Voraussetzungen für ein Hochwasser gegeben sind“, warnt Verbandsgeschäftsführer Holger Friedrich und erklärt, warum der Rheinpegel besonders im Winter anstiegsgefährdet ist: „In den vergangenen Jahren haben wir es meistens mit Winterhochwässern zu tun gehabt. Das ist das Resultat von großen Schneemassen gepaart mit Niederschlägen.“

Kein Jahrhunderthochwasser erwartet

Der Regen könne auf dem gefrorenen Boden nicht versickern, sondern fließe überirdisch ab. „In diesem Fall müssen wir aufmerksam sein“, so Friedrich, dessen Deichverband zwischen Wesel und den Niederlanden für 45 Kilometer Rheindeich zuständig ist und sich für ein Hochwasser wappnet. „Das muss allerdings kein Jahrhunderthochwasser sein“, erklärt der Geschäftsführer. „Wir haben natürlich schon wesentlich früher einen ausgeklügelten Hochwasserplan, der rund 20 000 Grundstückseigentümer schützt.“

Auch bei der zuständigen Bezirksregierung in Düsseldorf sieht man dem kommenden Wochenende noch gelassen entgegen. Regierungssprecherin Jennifer Spitzner: „Wir gehen nicht davon aus, dass es das Jahrhunderthochwasser geben wird, von dem gerade einige Meteorologen reden.“ Allerdings würden zur Vorsicht stündlich die Pegelstände kontrolliert, darüber hinaus werde enger Kontakt zu den einzelnen Deichverbänden gehalten.

Unrealistisch

„Für meine Begriffe ist die Hochwasserwarnung zurzeit nicht realistisch“, entwarnt der Deichgräf des Friemersheimer Deichverbandes und Beauftragte für Hochwasserschutz in Duisburg, Waldemar Kesicki. „Dafür müsste es wirklich großflächig und langfristig regnen.“ Dabei spricht er über Regenfälle, die die Flüsse Mosel, Main und Neckar betreffen würden.

„Unsere Schutzanlagen sind auf 13 Meter ausgelegt, momentan steht der Rhein bei weniger als fünf Metern. Da muss noch einiges vom Himmel kommen, um überhaupt die Marke von 1995 zu knacken“, so Kesicki. Damals gab es schon einmal ein „Jahrhunderthochwasser“. Der Rheinpegel lag bei 11,66 Metern.