Berlin/Washington. Laut einer Studie bekommen viele US-Amerikaner keine Diagnose, obwohl sie an Demenz leiden. Die Gründe dafür sind wohl vielfältig.
Eine neue Studie aus den USA kommt zu dem Schluss, dass viele Demenzkranke nicht von ihrer Erkrankung wissen: Die Studie der University of Michigan untersuchte 652 ältere Erwachsene (Altersschnitt von 76 Jahren) aus dem Verwaltungsbezirk Nueces County, Texas, die meist von Angehörigen betreut wurden.
Insgesamt 322 der Befragten galten als „wahrscheinlich demenzkrank“ und zeigten kognitive Einschränkungen. Aber: 80 Prozent der Befragten bzw. Pflegenden gaben an, dass es keine Demenz-Diagnose vom Arzt gegeben habe. Dabei hatten die meisten einen Hausarzt: Nur weniger als sieben Prozent gaben an, keinen festen Arzt zu haben.
Demenz: Erstes Medikament soll bald zugelassen werden
„Es kann sein, dass Ärzte die Diagnose nicht stellen oder sie bewusst verschweigen“, erklärt Studienautor und Gesundheitswissenschaftler Josh Martins-Caulfield. Die Gründe dafür seien vielfältig. „Oft fehlt den Ärzten die Zeit für ein gründliches Screening, oder sie haben keine spezielle Ausbildung zur Demenzerkennung“, so der Experte weiter. Manche Mediziner warteten zudem darauf, dass Patienten oder Angehörige selbst auf Gedächtnisprobleme hinwiesen, anstatt das Thema aktiv anzusprechen.
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Inwiefern die Ergebnisse auf andere Regionen übertragbar sind, lässt die Studie offen. In Deutschland sind etwa eine 1,8 Millionen Menschen von Demenz betroffen. Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz und macht etwa 60 bis 70 Prozent aller Fälle aus. Sie wird durch spezifische Veränderungen im Gehirn verursacht, die zum Absterben von Nervenzellen führen. Einigen davon könnte das Medikament Lecanemab helfen.
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Der Antikörper Lecanemab bessert die Symptomatik nicht, sondern soll lediglich das Fortschreiten der Krankheit bremsen. Empfohlen wird er daher nur für Betroffene im frühen Stadium der Erkrankung. Alzheimer-Patienten in der EU müssen allerdings weiter auf die Zulassung dieser ersten Therapie warten. Wie die zuständige EU-Kommission in Brüssel Ende Januar mitteilte, soll die europäische Arzneimittelbehörde EMA vor der endgültigen Entscheidung weitere Einschätzungen zu neuen Fragen wissenschaftlicher Natur liefern. Ein Zeitplan wurde zunächst nicht genannt.