Berlin. Unter einem mehr als 100 Jahre alten Gemälde von Pablo Picasso verbarg sich eine unbekannte Ebene. Wer ist die darauf abgebildete Frau?
Unter einem Gemälde des weltberühmten Malers Pablo Picasso schlummerte seit fast 125 Jahren ein Geheimnis. Das Bild aus dem Jahr 1901 zeigt eigentlich Picassos Bildhauer-Freund Mateu Fernández de Soto in Blau- und Grüntönen. Doch im Vorfeld einer Picasso-Ausstellung schaute sich die Kunstgalerie Courtauld in London das Gemälde einmal genauer an und fand ein noch tieferes, verborgenes Motiv.
Durch Infrarot- und Röntgenbilder kamen die Umrisse einer geheimnisvollen Frau unter der oberen Farbschicht zum Vorschein. Laut einer Pressemitteilung der Kunstgalerie wurde sie schon wenige Monate nach ihrer Entstehung von Picasso mit dem heutigen Motiv übermalt. Die Form ihres Kopfes, der geschwungenen Schultern und der Finger sind in der bearbeiteten Version deutlich zu erkennen.
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Picasso-Motiv: Wer ist die verborgene Frau?
Der Galerie Courtauld zufolge trägt die Frau eine charakteristische Chignon-Frisur, die damals in Paris in Mode war. Damit ähnelt sie mehreren Frauen in Picassos Gemälden aus dem gleichen Jahr. Außerdem gebe es Hinweise auf einen weiteren Kopf auf einer noch älteren Schicht des Gemäldes. Die Leinwand muss von Picasso immer wieder stark überarbeitet worden sein, was auch daran gelegen haben könnte, dass der damals 19-Jährige über wenig Material verfügte.
„Wir haben schon lange vermutet, dass sich hinter dem Porträt von de Soto ein anderes Gemälde verbirgt, weil die Oberfläche des Werks verräterische Spuren und Texturen von etwas darunter aufweist“, sagt Barnaby Wright, der stellvertretende Direktor der Courtauld-Kunstgalerie in dem Statement.
Man könne sogar die Umrisse mit dem bloßen Auge ausmachen, so Wright. Dieses „gestaltwandlerische“ Talent von Picasso sollte zu einem prägenden Merkmal seiner Kunst werden „und machte ihn zu einem der Giganten der Kunstgeschichte. Alles beginnt mit einem Gemälde wie diesem.“
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Bild stammt aus Picassos „blauer Phase“
Das Gemälde stammt aus einer entscheidenden Phase zwischen 1901 und 1904 in Picassos künstlerischem Schaffen. Es ist eines der ersten Gemälde, das der sogenannten „blauen Phase“ zugeordnet wird. In dieser Zeit wandte sich der spanische Künstler von seinem farbenreichen Impressionismus ab und begann melancholische und in Blautönen gehaltene Gemälde zu malen.
Picasso selbst durchlebte in dieser Zeit eine schwere persönliche Krise. Er lebte in Paris arm, einsam und verlor einen engen Freund durch Suizid. Einige Kunsthistoriker vermuten, dass er unter Depressionen litt.
Das Porträt der Frau sei wegen der mosaikartigen Enthüllung durch die Infrarot-Kamera Stück für Stück vor seinen Augen entstanden, sagte Wright gegenüber CNN. „Sie könnte für immer eine Art anonymes Model bleiben“, sagte Wright über die Frau. Trotzdem versuchen die Kunsthistoriker, sie zu identifizieren. „Sie könnte einfach jemand gewesen sein, der für Picasso modelliert hat … sie könnte eine Liebhaberin gewesen sein, sie könnte eine Freundin gewesen sein.“
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