London/San Francisco. Die britische Regierung will einem Bericht nach Apple zum Einbau einer „Hintertür“ in die iCloud zwingen. Davon wären Nutzer weltweit betroffen.
Die Regierung in Großbritannien hat Medienberichten zufolge den iPhone-Konzern Apple aufgefordert, Zugriff auf gesicherte Cloud-Speicher von Nutzern zu bekommen. Wie die Washington Post und die BBC unter Bezug auf mehrere anonyme Quellen berichten, hätten britische Sicherheitsbehörden im Januar verlangt, dass Apple eine sogenannte „Back Door“ („Hintertür“) in seinen iCloud-Service einbaut. Damit wäre es Ermittlern möglich, auch Ende-zu-Ende verschlüsselte Inhalte zu durchsuchen. Weder Apple noch die britische Regierung oder das Weiße Haus wollten die Berichte kommentieren.
Die Aufforderung beträfe den Berichten grundsätzlich iCloud-Nutzer weltweit. Den britischen Ermittlern wäre es demnach ohne zusätzliche Hilfe möglich, sämtliche hochgeladene Fotos, Videos und Dokumente zu durchforsten. Die „Washington Post“ schreibt, dass es in den „großen Demokratien“ bislang keinen vergleichbaren Fall gegeben habe.
Britische Regierung sucht Wege, um „erweiterten Datenschutz“ zu umgehen
Die Anfrage bezieht sich im Speziellen auf den „erweiterten Datenschutz“-Modus (Advanced Data Protection), den Nutzer der iCloud zusätzlich einstellen können. Dann, so Apple, seien die dort abgelegten Dateien nicht einmal mehr für den Konzern selbst erreichbar. Ende-zu-Ende verschlüsselte Kommunikation findet sich inzwischen auch bei anderen Diensten wie beispielsweise Whatsapp. Beim Facebook-Messenger war die Funktion lange optional, seit 2023 ist sie dem Mutterkonzern Meta zufolge standardmäßig eingestellt.
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Apple hatte sich in der Vergangenheit öffentlichkeitswirksam gegen staatliche Umgehungsmechanismen ausgesprochen. Der Konzern werde „niemals eine Hintertür in seine Produkte einbauen“, hieß es in einer Stellungnahme vor dem britischen Parlament im März 2024. Sicherheit und gegen das Mitlesen durch Dritte geschützte Kommunikation sind nicht zuletzt auch ein Verkaufsargument der Digitalkonzerne.
Sicherheitsbehörden sehen sich ohne „Hintertür“ im Nachteil
Sicherheitsbehörden argumentieren hingegen bereits seit längerem gegen diese Art der Verschlüsselung. Sie hindere daran, potenzielle Kriminelle und Terroristen überwachen zu können. Die britische Vorgängerregierung von Rishi Sunak hatte 2023 auf Metas Verschlüsselungspläne reagiert – Täter von Kindesmissbrauch könnten sich mithilfe der Technologie „im Dunkeln verstecken“, hieß es.
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Datenschützer reagierten geschockt auf den Bericht der „Post“. Caroline Wilson Palow von der Organisation Privacy International sprach gegenüber der BBC von einem „äußerst schädlichen Präzedenzfall“, der andere „Regime“ ermutigen könnte. Die Zeitung „Guardian“ sprach mit dem Datenschutz-Experten Ross McKenzie, der den freien Datenaustausch zwischen Großbritannien und der EU gefährdet sieht. Derzeit können europäische Staaten nämlich Daten auf Servern in England, Schottland, Nordirland und Wales lagern, obwohl das Königreich nicht mehr Mitglied der Union ist. McKenzie spricht von einer „Hintertür“ für den Zugriff auf die Daten von EU-Bürgern.
Apple weigerte sich 2016, dem FBI zu helfen
Apple hatte sich im Frühjahr 2016 bereits ein Schlagzeilen machendes Gefecht mit der US-Regierung von Barack Obama geliefert. Nach einem islamistischen Anschlag mit 14 Toten in der kalifornischen Stadt San Bernadino, hatte das FBI das Telefon eines der Schützen sichergestellt.
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Der per Klage bekräftigten Aufforderung von FBI und Justizministerium, ein Entschlüsselungs-Programm zu schreiben, widersetzte sich Apple. Der Konzern unter der Leitung von Tim Cook argumentierte, dass mit so einer „Hintertür“ der Datenschutz für Millionen von Privatkunden ausgehebelt werden würde. Dutzende Internet-Firmen wie Facebook und Google stellten sich damals hinter Apple. Letztlich gelang es dem FBI, das Smartphone durch eine Drittfirma knacken zu lassen – die Ermittler zogen die Klage gegen Apple anschließend zurück.