Berlin. Durch Zufall stößt ein Bauer im Osten der Türkei auf ein Mosaik. Es ist der größte Fund dieser Art. Warum ist es so gut erhalten?

Während Arbeiten in seinem Obstgarten hat ein Landwirt in der Osttürkei ein bemerkenswert gut erhaltenes Mosaik aus der spätrömischen Zeit entdeckt. Das 84 Quadratmeter große Kunstwerk zeige faszinierende Einblicke in antike Jagdpraktiken, wie Euronews über den Fund berichtet. Zu sehen sei eine Tiereszene, darunter ein anatolischer Leopard — eine sehr seltene Spezies, die auf dem Mosaik in voller Pracht dargestellt ist. Nach Angaben von Archäologinnen und Archäologen handelt es sich um das größte Mosaik dieser Art, das bisher in der Türkei gefunden wurde. 

„Dieses Mosaik ist das erste seiner Art, das in seiner Gesamtheit und in der Darstellung der Tiere, die alle einst hier gefunden wurden, bis heute erhalten ist“, so Emre Çayır, der leitende Archäologe der Ausgrabung den türkischen Medien gegenüber. „In der Türkei gibt es zwar größere Mosaike, aber sie bestehen aus geometrischen Mustern oder mythologischen Motiven.“ 

Türkei: Archäologischer Fund zeigt Jagdszenen und friedliche Motive

Freigelegt wurde das Mosaik im April 2023 von Mehmet Emin Sualp im Dorf Salkaya. Dieses gehört zu der Provinz Elazig und liegt rund 500 Kilometer östlich der türkischen Hauptstadt Ankara. Es zeigt detaillierte Jagdszenen: Ein Löwe hetzt eine Bergziege, ein Bär verfolgt einen Hirsch und Windhunde kreisen ein Wildschwein ein. Besonders eindringlich ist die Darstellung eines anatolischen Leoparden, der seine Zähne in den Hals eines Straußes schlägt. Zwischen den Jagdszenen finden sich auch friedliche Motive: Fasane, Enten und Gänse bewegen sich zwischen Rosen und Granatapfelbäumen und setzen damit einen Kontrast zu den dynamischen Bildern, wie die türkischen Medien berichten. 

„Der Löwe und der Bär stehen in der römischen Tradition für Autorität, und die Darstellung der Jagdhunde erinnert uns daran, dass der Mensch Teil der Nahrungskette ist, was zeigt, wie die Kunsthandwerker Metaphern verwendeten, um diese Ideen zu vermitteln“, so Çayır. Sualp stieß auf das Mosaik, als er die Löcher für Kirschbaumsetzlinge grub. Jahrhundertelang lag das Mosaik unter einer lockeren Erdschicht verborgen, die an der Fundstelle nur noch etwa 50 Zentimeter dick war. Die Überreste stammen vermutlich aus einer Siedlung in der Nähe von Salkaya und könnten bis in das späte dritte Jahrhundert zurückreichen, so die Archäologen. 

Türkischer Landwirt entdeckt außergewöhnliches Jagdmosaik
Das Mosaik zeigt eine Mischung aus Jagdszenen und friedlichen Motiven. © Elazığ Museum | Elazığ Museum

Zufallsfund sorgt für Begeisterung

Generell sorgte die Entdeckung für Begeisterung: Archäologinnen und Archäologen vermuten, dass die Stätte einst eine florierende Gemeinde beherbergte. Diese könnte sogar in Verbindungen mit der damaligen Grenze zwischen dem Römischen Reich und dem antiken Persien gestanden haben. Emre Çayır spekuliert, dass das Mosaik Teil der Residenz eines römischen Beamten war — ein Symbol für Macht und Einfluss

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Trotz der Jahrhunderte, die seit seiner Entstehung vergangen sind, blieb das Mosaik erstaunlich gut erhalten. Grund hierfür sei unter anderem ein eingestürztes Holzdach, das es vor weiteren Schäden schützte. Berichten zufolge legten die Archäologen neben dem Mosaik auch andere Überreste frei. Darunter eine Basalstraße, einen Bewässerungskanal und möglicherweise eine Anlage zur Weinherstellung. Münzfunde deuten darauf hin, dass die Siedlung von der spätrömischen bis in die frühbyzantinische Zeit genutzt wurde. 

Ein Team von Restauratorinnen und Restauratoren habe das Mosaik inzwischen gesichert und es vorübergehend abgedeckt, um es vor winterlichen Witterungsbedingungen zu schützen, heißt es. Ob das Kunstwerk in ein Museum gebracht oder direkt am Fundort unter Schutz gestellt wird, ist noch unklar. Diese Entscheidung hänge laut des Provinzgouverneurs Numan Hatipoğlu davon ab, ob noch weitere Funde gemacht werden. Für die archäologische Gemeinschaft in der Türkei markiere die Entdeckung einen bedeutenden Meilenstein, so den Berichten zufolge. Das Mosaik bietet einen beispiellosen Einblick in die Kultur und Kunstfertigkeit einer lange verschwundenen Zivilisation. Sollten weitere Artefakte ans Licht kommen, könnten sie wertvolle Hinweise auf das Alltagsleben und die gesellschaftlichen Strukturen der römischen Epoche in dieser Region liefern.