Berlin. 2004 verwüsteten Tsunamis ganze Küstenabschnitte um den Indischen Ozean. Hunderttausende starben. Womit Reisende heute rechnen müssen.
Vor 20 Jahren, am 26. Dezember 2004, erschütterte ein gewaltiges Erdbeben – das drittstärkste, das je gemessen wurde – den Indischen Ozean. Was folgte, waren verheerende Tsunamis mit bis zu 30 Meter hohen Wellen, die Hunderttausende Menschen in den Tod rissen und ganze Küstenstreifen verwüsteten. Zwischen dem ursprünglichen Erdbeben und den ersten Tsunamiwellen in Indonesien, Thailand und Malaysia vergingen nur wenige Minuten. Wenige Stunden später erreichten Flutwellen Indien und Sri Lanka, überspülten die Malediven und reichten bis nach Somalia.
Die Menschen in diesen Ländern wurden von den Fluten überrascht. Denn: Im Indischen Ozean gab es 2004 noch kein Frühwarnsystem, wie es etwa im Pazifik seit den Sechzigern existiert. Das machte es den betroffenen Ländern nahezu unmöglich, die Bevölkerung rechtzeitig zu warnen. Dazu waren keine Notfallpläne oder Strukturen für Evakuierungen vorhanden. Mit verheerenden Folgen: Im Zuge der Katastrophe starben mindestens 230.000 Menschen, Zehntausende wurden verletzt und Millionen obdachlos. Unter den Todesopfern waren auch 539 deutsche Touristen.
Tsunami 2004: Seitdem gibt es ein Frühwarnsystem
Heute gibt es im Indischen Ozean ein Frühwarnsystem. Es wurde auch mit der Unterstützung deutscher Forscherinnen und Forscher vom GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam errichtet. Das System, zunächst als GITEWS (German-Indonesian Tsunami Early Warning System) bekannt, wurde 2011 an Indonesien übergeben und heißt nun InaTEWS (Indonesian Tsunami Early Warning System). Es warnt nicht nur Indonesien, sondern informiert alle Länder um den Indischen Ozean.
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„Das System warnt seit 2007 zuverlässig vor Tsunami“, sagt Josef Zens, Pressesprecher des GFZ. Es habe seit seiner Inbetriebnahme tausende Beben registriert und bewertet, und vor gut einem Dutzend Tsunamis erfolgreich gewarnt. Doch gebe es immer noch Situationen, in denen es an seine Grenzen stoße: Etwa, wenn Tsunamis innerhalb weniger Minuten die Küsten erreichten.
Das sei beim Tsunami 2018 in der Bucht von Palu der Fall gewesen. Im selben Jahr konnte ein weiterer Tsunami, ausgelöst durch einen Erdrutsch an einem Vulkan, vom System nicht erfasst werden, da ihm kein starkes Erdbeben vorausging. Denn das System registriere Erdbeben in Küstennähe und versende dann automatisiert eine Warnung an die Sicherheitsbehörden.
Tsunami-Frühwarnsystem: So schnell warnt es nach Erdbeben
Die größte Herausforderung bei der Entwicklung des Systems sei die geologische Situation Indonesiens gewesen. Denn: Etwa 80 Prozent der Tsunamis werden durch sehr starke, flache Erdbeben ausgelöst, die in sogenannten Subduktionszonen, also an den Grenzen von tektonischen Platten, entstehen. „Eine solche Erdbebenzone verläuft im Indischen Ozean weitgehend parallel in dichtem Abstand zur Küste Indonesiens“, erklärt Zens. Dadurch könnten Tsunami innerhalb von 20 bis 40 Minuten die Küste erreichen.
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Daher sei die extrem schnelle Erdbebenerkennung und sofortige Warnung der Bevölkerung entscheidend. „Die aktuelle Version des Systems erzeugt vier bis fünf Minuten nach dem auslösenden Erdbeben eine Warnmeldung“, so Zens. Dadurch bleibe eine Warnzeit von 15 bis 30 Minuten, bis der Tsunami die Küste erreiche. Danach sei eine funktionierende Warnkette durch lokale Medien, Sicherheitsbehörden und die Verwaltung vor Ort sowie die umgehende Evakuierung von potenziell betroffenen Gebieten essentiell.
Thailand, Indonesien und Co.: Wie sicher ist der Urlaub heute?
Doch wie sicher ist es heute für Urlauber, die nach Indonesien oder in andere Tsunami-gefährdeten Regionen reisen? Durch das Tsunami-Frühwarnsystem könnten sich Urlauber heute auf schnelleres Handeln verlassen als noch vor 20 Jahren. Dennoch bleibe es wichtig, sich vor Ort über die aktuellen Sicherheitsvorkehrungen zu informieren. „Orientieren Sie sich an ihrem Aufenthaltsort über Schutzräume, Warnsysteme und Evakuierungswege, fragen Sie in ihrem Hotel nach, welche Maßnahmen im Warnfall vorgesehen und empfohlen werden“, empfiehlt Zens. Außerdem könnten Urlauber sich an der Bevölkerung vor Ort orientieren.
Denn: In den betroffenen Regionen förderten verschiedene Hilfsorganisationen den richtigen Umgang mit der Gefahr. Die UNESCO setze auf Programme wie „Tsunami Ready“, um die Gemeinden auch langfristig für das Thema zu sensibilisieren. Diese Programme umfassten Schulungen und Evakuierungsübungen, um frühe Anzeichen für Tsunami zu erkennen und im Ernstfall richtig und schnell zu handeln. Natürliche Warnzeichen spielten dabei oft schon vor der offiziellen Meldung eine wichtige Rolle: Wer beispielsweise ein Erdbeben länger als 30 Sekunden deutlich spüre, solle den Strand und die Küstenregion umgehend verlassen.
Urlaub: Wie sich Reisende richtig vorbereiten
Die Sicherheit der Reisenden habe laut Angaben des Deutschen Reiseverbands (DRV) immer die höchste Priorität. „Dementsprechend haben die Veranstalter ihre Zielgebiete immer im Blick, um schnell agieren zu können“, sagte ein Sprecher des DRV. Dazu nutzten sie auch die Angaben der Vorwarnsysteme. Zudem habe der DRV eine Checkliste erarbeitet, die Veranstalter in Krisensituationen nutzen könnten. „Das ist der Mehrwert der Pauschalreise: Pauschalreisende können sich rund um die Uhr auf ein gut funktionierendes Krisen- und Sicherheitsmanagement der Reiseveranstalter verlassen“, so der DRV.
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Im Fall von Naturkatastrophen kümmerten sich die Reiseveranstalter darum, dass betroffene Gäste frühzeitig evakuiert oder in sicheren Hotels untergebracht werden. Dabei übernehme der Reiseveranstalter Organisation und Kosten. Für Individualreisende hingegen gebe es oft keinen vergleichbaren Schutz; sie seien in solchen Notfallsituationen meist auf sich allein gestellt.
Der DRV empfiehlt, das Handy während des Urlaubs eingeschaltet zu lassen, um wichtige Warnungen – etwa zu Tsunamis – per SMS zu erhalten. Im Vorfeld sei es zudem wichtig, sich gut zu informieren. „Wichtige Informationsquelle für die Reisenden sind die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts“, so der DRV weiter. Reiseveranstalter machten ihre Kunden auf diese Hinweise und Merkblätter aufmerksam, die wertvolle Tipps zum Verhalten im Notfall bieten.
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Auch wenn Tsunamis laut GFZ eher selten sind, können die Folgen dramatisch sein. Reisende sollten sich bewusst sein, dass das Risiko nie vollständig ausgeschlossen werden kann. Wer jedoch die richtigen Vorsichtsmaßnahmen treffe und sich an den örtlichen Warnhinweisen orientiere, könne seinen Aufenthalt in den betroffenen Gebieten sicherer gestalten.