Essen. Archäologen finden in einer prähistorischen Hütte die Überreste von sieben verbrannten Menschen. War es Mord oder doch ein Unfall?
Je älter eine Leiche ist, desto schwieriger ist es, die Todesursache zu bestimmen. In der Ukraine sind Archäologen auf ein besonders kompliziertes Rätsel gestoßen. In den Überresten einer niedergebrannten Steinzeithütte fanden sie die Knochen von sieben Menschen, die vor rund 5700 Jahren scheinbar in dem Feuer starben. War es Mord, ein Unfall oder ein unbekannter Bestattungsritus?
Dieser Frage gingen Wissenschaftler der Christian-Alberts-Universität zu Kiel in einer neuen Studie nach. Sie untersuchten die Knochenreste aus einer sogenannten Trypillia-Megasiedlung, gigantische jungsteinzeitliche Siedlungen mit bis zu 15.000 Einwohnern, die etwa 4200 bis 3600 v. Chr. in Moldawien und der Ukraine existierten.
Was den Fall noch seltsamer macht: Forscher konnten in Trypillia-Megasiedlungen bisher kaum andere Tote oder Gräber finden. Die sieben Menschen aus der Ausgrabungsstätte Kosenivka sind somit für die Forschung besonders wertvoll.
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Archäologen rätseln zur Todesursache der Toten
Obwohl zwei der Personen gewaltsame Kopfverletzungen aufwiesen und ein Toter laut der Radiokarbondatierung sogar ein Jahrhundert nach den anderen starb, „können (wir) nur spekulieren, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Brand und der tödlichen Gewalttat gab, also der Tötung der Menschen im Haus, dem Zurücklassen ihrer Leichen und dem Anzünden des Hauses“, heißt es in im Fachblatt „PLOS ONE“ veröffentlichten Studie.
Der untersuchte Fund sei bisher einzigartig. Der Archäologe Dr. Robert Hofmann und die Archäologin Dr. Liudmyla Shatilo kommentieren in einer Pressemitteilung: „Möglich ist, dass die Praxis der Hausverbrennung damals eine selten praktizierte Form des Bestattungsritus war. Unsere Analysen lassen jedoch darauf schließen, dass diese weniger als ein Prozent der Toten zuteilwurde.
„In diesem besonderen Fall aber stellt sich die Frage, ob nicht auch ein Brandunfall zum Tod geführt hat.“ Mikroskopische Untersuchungen der Knochen zeigten, dass die Verbrennung wohl recht schnell nach dem Tod stattfand. Die Schädelverletzungen wiederum lassen rätseln, ob auch Gewalt eine Rolle gespielt haben könnte.
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Knochenanalyse: Steinzeit-Menschen putzten sich die Zähne
Trotzdem konnten die Forscher viel über das Leben der Menschen erfahren. „Skelettreste sind echte biologische Archive, auch ein kleines Knochenfragment kann etwas zur Lebensgeschichte des Menschen erzählen“, zitiert das Statement die Erstautorin der Studie, Dr. Katharina Fuchs.
Die Funde von Kosenivka seien für die Erforschung der Trypillia-Gesellschaften ein absoluter Glücksfall. Die 50 verbrannten Knochenfragmente wurden bereits in den 1980er Jahren in der Ukraine entdeckt. „Interessant ist insbesondere, dass es sich bei den Verstorbenen dem Alter und Geschlecht nach um Kinder, Eltern und Großeltern gehandelt haben kann, also möglicherweise um die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses“, sagte der Archäologe Professor Dr. Johannes Müller.
„So ein Nachweis ist absolut selten für die urgeschichtlichen Epochen und ermöglicht eine bessere Rekonstruktion von Bevölkerungsgrößen in vergangenen Gesellschaften“. Die Analysen der Skelettreste verraten unter anderem, dass die Verstorbenen viel Getreide und Gemüse aßen, sich die Zähne putzten und unter schon damals üblichen Erkrankungen wie Sinusitis und anderen Entzündungen litten.
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