Berlin. Im Süden und Osten Spaniens haben heftige Unwetter zu Überschwemmungen geführt. Viele Menschen starben. So ist die Lage in der Region.
- Im Süden und Osten Spaniens haben heftige Niederschläge Sturzfluten ausgelöst
- Besonders betroffen: Valencia mit 92 von 95 Toten
- Nun werden erneut starke Regenfälle erwartet
Historische Unwetter haben am Mittwoch Spanien heimgesucht. Im Süden und Osten des Landes kam es nach heftigen Niederschlägen zu Sturzfluten. Besonders schlimm war die Lage in der Region Valencia, wo 92 der insgesamt 95 bestätigten Todesopfer geborgen wurden.
Unter den Toten sind laut Medienberichten mindestens vier Kinder und sechs alte Menschen aus einem Pflegeheim. Befürchtet wird, dass die Opferzahl weiter steigt.
Seit Donnerstagmorgen gehen die Rettungs- und Aufräumarbeiten weiter. Eine erste Phase sei bereits abgeschlossen worden, sagte der Regierungschef der am meisten betroffenen Region Valencia, Carlos Mazón, in der Nacht zum Donnerstag. Nach etwa 70 Einsätzen aus der Luft seien augenscheinlich alle Menschen gerettet worden, die sich auf Hausdächer geflüchtet hatten.
Schicksal vieler Menschen noch offen
Die Einsatzkräfte hätten inzwischen auch alle betroffenen Ortschaften erreichen können. Die Suche nach Vermissten wird fortgesetzt. Verteidigungsministerin Margarita Robles erklärte die Suche nach ihnen zur Priorität des Tages, wie sie dem TV-Sender Telecinco sagte.
Die Ministerin nannte keine Zahl, aber laut Medien gelten Dutzende Menschen als vermisst. Von „vielen“ Menschen wisse man gar nichts über deren Schicksal, sagte die Ministerin. In der besonders stark betroffenen Mittelmeerregion Valencia soll nun das Militär gezielt in den Ortschaften Paiporta und Masanasa nach Menschen in Not suchen.
Sind die Menschen nicht rechtzeitig gewarnt worden?
Derweil ist in Spanien eine Diskussion über Versäumnisse bei der Warnung vor den verheerenden Fluten entbrannt. Innenminister Fernando Grande-Marlaska der Regierungschef der Region Valencia, Carlos Mazón. Beide werfen sich gegenseitig vor, für das Warnsystem zuständig gewesen zu sein.
Der Zivilschutz hatte nach Berichten des staatlichen Rundfunksenders RTVE am Dienstag gegen 20.10 Uhr über die Handys aller Menschen in der Region gewarnt – da habe es schon seit Stunden geregnet, entgegnet die Zeitung „El País“. Und schrieb weiter: Der Wetterdienst Aemet habe bereits am Dienstagmorgen gegen 7.30 Uhr die höchste Warnstufe ausgerufen, was sehr hohe Gefahr bedeutet.
Doch die Warnungen des Zivilschutzes seien dann erst am Abend erfolgt, als erste Flüsse bereits über die Ufer getreten waren. Viele Menschen waren trotz der Unwetter in ihren Autos unterwegs und liefen damit Risiko, liegenzubleiben oder von der Strömung weggerissen zu werden. Die große Ford-Fabrik in Almussafes und die Universität València hatten ihre Leute zuvor bereits nach Hause geschickt, wie die Zeitung schrieb.
Wetterdienst warnt vor neuen Unwettern
Auslöser der Sintfluten war ein „Kalter Tropfen“ (gota fría), der schlimmste des Jahrhunderts in der Region Valencia , schrieb Aemet auf X. „Kalte Tropfen“ sind eine Wettererscheinung, die in der spanischen Mittelmeerregion für die Jahreszeit typisch ist.
Am Donnerstag gab es erneut Unwetterwarnungen. Diese gelten allerdings besonders für die Balearen. Sowohl auf Mallorca als auch auf Menorca bestehe ein erhebliches Risiko, heißt es in der Vorhersage. Demnach können auf den Inseln am Freitag bis zu 50 Liter pro Quadratmeter Regen fallen – und das in nur einer Stunde. Auch das spanische Festland wird betroffen sein. Die Warnung gilt für Teile von Andalusien und Extremadura im Westen und Teile von Katalonien im Nordosten. Hier können bis zu 100 Liter in einer Stunde fallen.
Tausende Retter im Dauereinsatz
In der Nacht waren zahlreiche Autobahnen und Landstraßen weiter unbefahrbar. Auch der Bahnverkehr wurde erheblich beeinträchtigt. Rund 115.000 Haushalte waren ohne Strom, zudem gab es weiter Probleme mit den Handyverbindungen.
Ein Sprecher der Polizeieinheit Guardia Civil schätzte, dass auf den Autobahnen A3 und A7 noch 1.200 Menschen in Autos, Bussen oder Lastwagen gefangen seien. Es gebe aber auch viele, die ihre Fahrzeuge nicht verlassen wollten, hieß es.
Auch in Zügen, Häusern, Büros, Schulen und Einkaufszentren sind seit Dienstagabend viele Tausende Menschen eingeschlossen. Andere suchten auf Dächern von Autos oder Häusern Schutz. Sie wurden am Mittwoch von Tausenden Einsatzkräften des Militärs, des Zivildienstes, der Feuerwehr und der Polizei zum Teil unter Einsatz von Hubschraubern und Booten in Sicherheit gebracht.
Unwetter in Spanien: „Wir lassen euch nicht allein“
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez warnte, dass mit mehr Opfern zu rechnen sei. Die Katastrophe dauere an, sagte er in einer kurzen Fernsehansprache. Zugleich sicherte er den Betroffenen die uneingeschränkte Unterstützung der Regierung zu. „Wir lassen Euch nicht allein“, sagte Sánchez. „Ganz Spanien weint mit euch allen“, sagte er. Die Regierung rief für Donnerstag bis Samstag eine dreitägige Staatstrauer aus.
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In Vorbereitung auf weitere Leichenfunde hat das Verteidigungsministerium angeboten, mehrere mobile Leichenschauhäuser bereitzustellen, berichtet die spanische Tageszeitung „El País“. Die Luftwaffe, Militärpsychologen und Suchhunde seien mobilisiert worden, um nach Leichen zu suchen.
Überschwemmungen in Spanien: Entsetzen in Berlin – EU bietet Hilfe an
Auch die EU will dem Mitgliedsland Hilfe leisten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte am Mittwoch in Brüssel: „Wir haben unser Copernicus-Satellitensystem aktiviert, um bei der Koordinierung der Rettungsteams zu helfen. Und wir haben bereits angeboten, unseren Katastrophenschutz zu aktivieren.“
Von der Leyen sprach in dem Zusammenhang von der „dramatischen Realität des Klimawandels“. Man müsse sich „darauf vorbereiten, in unserer gesamten Union und mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen“.
Viele Tote bei Unwetter in Spanien
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich bei X schockiert über die Naturkatastrophe in Spanien. „Ich bin erschüttert über die Berichte aus Spanien, wo viele Menschen bei massiven Überschwemmungen ihr Leben verloren haben“, schrieb der Kanzler. Deutschland habe Spanien Hilfe angeboten.
Ich bin erschüttert über die Berichte aus Spanien, wo viele Menschen bei massiven Überschwemmungen ihr Leben verloren haben. Den Hinterbliebenen der Opfer gilt mein aufrichtiges Mitgefühl. Wir stehen im Austausch mit der spanischen Regierung, was mögliche Hilfeleistungen angeht.
— Bundeskanzler Olaf Scholz (@Bundeskanzler) 30. Oktober 2024
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Nach Unwetter in Spanien: Suche nach Vermissten läuft
Im Ort Letur in der östlichen Provinz Albacete suchten Rettungskräfte mit Drohnen nach sechs vermissten Menschen. Im Ort L‘Alcúdia in der östlichen Region Valencia sucht die Polizei nach eigenen Angaben nach einem Lastwagenfahrer, der seit Dienstag vermisst wird.
In Álora in der südlichen Region Andalusien retteten Einsatzkräfte zahlreiche Menschen, nachdem ein Fluss über die Ufer getreten war. In Andalusien entgleiste laut Regionalregierung ein Hochgeschwindigkeitszug mit 276 Passagieren, es gab jedoch keine Verletzten.
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Vielerorts ringen Rettungskräfte darum, zu den Einsatzorten vordringen zu können. Vieles könne wegen überschwemmter oder anderweitig blockierter Straßen nur per Hubschrauber geleistet werden, sagte José Miguel Basset von der Feuerwehr der Provinz Valencia der Nachrichtenagentur Europapress.
Überflutungen in Spanien: Ministerpräsident Sánchez appelliert an Bevölkerung
„Ich verfolge mit Sorge die Berichte über vermisste Personen und die Schäden, die der Sturm in den letzten Stunden verursacht hat“, sagte der spanische Regierungschef Pedro Sánchez auf X und appellierte an die Bevölkerung, den Anweisungen der Behörden Folge zu leisten. „Seien Sie sehr vorsichtig und vermeiden Sie unnötige Reisen.“
Er kondolierte den Familien der Gestorbenen: „Ich möchte im Namen der Regierung Spaniens und der gesamten spanischen Gesellschaft den Familien der Menschen, die bei dieser Tragödie in der Autonomen Gemeinschaft Valencia und in Kastilien-La-Mancha ums Leben gekommen sind, meine ganze Solidarität und Zuneigung zum Ausdruck bringen“, sagte Sánchez. „Wir werden Ihnen mit allen Mitteln des Staates helfen.“
Wegen starker Regenfälle und Winde seien zwölf Flüge, die auf dem Flughafen Valencia hätten landen sollen, in andere spanische Städte umgeleitet worden, teilte der spanische Flughafenbetreiber Aena mit. Weitere zehn abfliegende oder ankommende Flüge seien gestrichen worden.