Rom. Roms Wohnungsmarkt ist hart umkämpft: Immer mehr Eigner vermieten an Touristen. Eine anonyme Gruppe will das nicht länger hinnehmen.

Wenn es darum geht, ihre Ewige Stadt vor den Touristenmassen zu schützen, greifen die Römer zu immer ungewöhnlicheren Methoden. Im Internet kursiert dieser Tage ein Video anonymer Aktivisten, die gegen die Ausbreitung von Kurzzeitvermietungen protestieren. Und zwar, indem sie die Dinge selbst in die Hand nehmen: In der Aufnahme ist zu sehen, wie die Aktivisten hundert Meter vom Circus Maximus entfernt sogenannte Smart Locks entfernen. Das sind Schlüsselanhänger für den automatisierten Check-in in Ferienwohnungen, von denen es in Italiens Hauptstadt Hunderte gibt.

Urlaub in Italien: Römische Aktivisten senden Botschaft an Touristen

Anstelle der Smart Locks hinterlassen die Aktivisten im Video einen Robin-Hood-ähnlichen Hut und einen Zettel mit der Aufschrift: „Wenn Sie die Smart Locks suchen und sie nicht finden können, lesen Sie hier unten.“ Auf dem Schrieb prangern die Unbekannten die große Zahl der Touristenunterkünfte in Rom an: „Die profitableren Kurzzeitmieten verdrängen die Langzeitmieten und nehmen den Familien Platz weg, um Platz für Touristen zu schaffen“, heißt es.

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Dieser Trend verstärke sich, so die Aktivisten weiter, während sich Rom auf das katholische Jubiläumsjahr 2025 vorbereite, das circa 30 Millionen Pilger in die Stadt locken werde. Wegen des kirchlichen Großevents ist die Zahl der Ferienwohnungen in der 3,5 Millionen-Metropole stark gestiegen. Studenten und Familien stoßen auf immer größere Probleme, eine Wohnung mit einem Langzeit-Mietvertrag zu finden.

Woman on European Trip with Son Retrieving Key from Hostel Lockbox
Viele Anbieter von Ferienwohnungen hinterlegen die Schlüssel in Kästen, die mit einem Code geöffnet werden können. So können die Gäste ohne Hilfe jederzeit einchecken. © iStock | CemSelvi

„Allein in Rom haben mehr als 50.000 Menschen Wohnungsprobleme, das ist mehr als das Dreifache der 16.000 im Jahr 2022. Im Großraum der Hauptstadt leben 22.000 Menschen auf der Straße“, schreibt die anonyme Gruppe in ihrer Botschaft und kündigte auch gleich weitere Protestaktionen an. Auch fordert sie Roms Bürgermeister Roberto Gualtieri auf, eine Höchstgrenze für Kurzzeitvermietungen festzulegen. „Lasst uns die Spekulation sabotieren, um das Recht auf Wohnen zu verteidigen“, heißt es im Schreiben.

AirBnB und Co.: Anbieter von Ferienwohnungen verdrängen Einheimische

Eine Kombination aus niedrigen Löhnen und vielen Kurzzeitmieten hat in Italien zu einem Mangel an Wohnungen geführt, von der vor allem Geringverdiener und Studenten betroffen sind. Zuletzt ist es deswegen zu Studentenprotesten gekommen. Jugendliche finden keine Zimmer mehr. Betroffen sind vor allem die Kunststädte Rom, Florenz und Venedig.

Das Geschäft mit den Ferienwohnungen boomt in Italien wie noch nie. „Immer mehr Menschen sehen in der touristischen Wohnungsvermietung eine Möglichkeit für ein zusätzliches Einkommen: Allein auf AirBnB wurden für den Sommermonat August mehr als 700.000 Unterkünfte angeboten, von denen die meisten direkt vom Eigentümer verwaltet werden“, geht aus einem Bericht des Handelsverbands Confcommercio hervor.

„Die Deregulierung, die der Markt für Kurzzeitmieten in Italien erfahren hat, hat bereits schwerwiegende Ungleichgewichte verursacht, die dazu führen, dass an vielen Orten keine Einwohner mehr leben, sondern nur noch Touristen“, klagt der Handelsverband.

Italiens Urlaubshotspots wehren sich gegen Touristenmassen

Das Beherbergungsgewerbe ist die Tourismussparte, die in den letzten zehn Jahren in Italien am stärksten gewachsen ist. „Dieser Trend steht in krassem Gegensatz zu den Unternehmen in den Stadtvierteln, die grundlegende Dienstleistungen anbieten, deren Zahl im gleichen Zeitraum stark zurückgegangen ist“, so Confesercenti. Zwölf Prozent der Bars, Lebensmittel- und Bekleidungsgeschäfte und andere Arten von Shops seien seit 2014 verschwunden.

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Proteste gegen den Massentourismus sind im Tourismusland Italien inzwischen keine Seltenheit mehr. In den Dolomiten wurden zuletzt mehrere Botschaften gegen den Massentourismus hinterlassen. Auf einem Stein mit Dinosaurierspuren am Fuße der Drei Zinnen fanden Wanderer den Schriftzug „Tourists go home“, also „Touristen, geht nach Hause“. Auch auf anderen Berggipfeln der Dolomiten sind ähnliche Botschaften dokumentiert worden. In Südtirol erleben einige Hotspots, wie etwa der Pragser Wildsee oder das Grödner Tal, eine wahre Besucherflut.