Essen. Bei der Suche nach der berühmten Franklin-Expedition wurden 13 Leichen gefunden. Eine davon enthüllt ihre tragischen Todesumstände.
1845 startete Sir John Franklin seine dritte und letzte Expedition, um die Nordwestpassage von Europa nach Asien zu finden. Mit 129 Männern an Bord der Schiffe HMS Erebus und HMS Terror brach er von England aus in Richtung Norden auf. Doch statt einer neuen Handelsroute fand die gesamte Besatzung im eisigen Labyrinth der Arktis den Tod.
Jahrzehnte vergingen, bis Forscher die ersten Spuren der Expeditionsteilnehmer entdeckten. Neben den Wracks der Erebus und der Terror tauchten an der Küste Nordkanadas die Gebeine von vermutlich dreizehn Besatzungsmitgliedern auf. Ein wichtiger Durchbruch gelang jedoch erst kürzlich: Die Identifizierung einer der Leichen bringt neue Details über das tragische Schicksal der Männer ans Licht.
Schockierende Funde: Kannibalismus als letzter Akt der Verzweiflung
In den 1980er und 1990er Jahren bargen Forscher an der Südwestküste von King William Island die sterblichen Überreste der Besatzung. Die Gebeine wiesen zahlreiche Messerspuren auf, was die damals kursierenden Gerüchte über Kannibalismus bestätigte. Die Männer waren offenbar so verzweifelt, dass sie die Knochen der Toten kochten und aufbrachen, um an das Mark zu gelangen.
Die Identität der Männer, deren Knochen gefunden wurden, blieb jedoch lange Zeit unklar. Erst 2013 erhielt ein Team um den Anthropologen Douglas Stenton von der University of Waterloo die Erlaubnis, die Knochen genauer zu untersuchen. Sie extrahierten DNA-Material und verglichen es mit den genetischen Daten möglicher Nachkommen der Expeditionsteilnehmer. Bis heute konnten 25 Nachkommen identifiziert werden, wie Stenton der US-Zeitung „Guardian“ berichtete.
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Forscher überwältigt: DNA-Analyse bringt Licht ins Dunkel
Eine davon lieferte 2021 den ersten Treffer: Durch den Vergleich eines auf King William Island gefundenen Schädels mit der DNA eines heute lebenden Nachfahren konnte der Ingenieur John Gregory identifiziert werden. Kürzlich folgte die zweite Identifizierung: Ein untersuchter Backenzahn gehörte dem Kapitän der Erebus, James Fitzjames. Wie die Forschenden im „Journal of Archaeological Science“ berichten, konnte Fitzjames durch einen Vergleich mit der Genealogie der Familie Gambier, einer angesehenen Linie von Diplomaten und Marineoffizieren, in fünfter Generation identifiziert werden. Ein Cousin zweiten Grades bestätigte die Identität des Kapitäns.
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Tragisches Schicksal erschüttert Forscher: Der Fall James Fitzjames
Nach dem Tod von Sir John Franklin übernahm James Fitzjames die Leitung der Hinterbliebenen. Am 11. Juni 1847 unterzeichnete er ein Dokument, das den Tod Franklins und die Übernahme des Kommandos bestätigte. Aber auch Fitzjames starb unter extremen Bedingungen. Laut der neuen Studie könnte er selbst Opfer von Kannibalismus geworden sein. „Die Messerspuren an seinem Kieferknochen zeigen, wie verzweifelt die Situation war“, erklärt Stenton. „Kannibalismus war ein verzweifelter Versuch, das Überleben zu sichern – aber er verlängerte nur das Leiden der Männer.“ Im April 1848 schrieb Fitzjames seine letzte Notiz, in der er die verzweifelte Lage der Expedition beschrieb. Zu diesem Zeitpunkt waren noch 105 Männer am Leben.
Die sterblichen Überreste von James Fitzjames ruhen heute in einem Steinhaufen mit Gedenktafel in der Nähe der archäologischen Stätte auf King William Island. Die Forscher hoffen, durch weitere DNA-Analysen noch mehr Expeditionsteilnehmer identifizieren zu können.
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