Rom. Ein Bademeister soll bei der Rettung einer deutschen Urlauberin eine Vorschrift missachtet haben. Sein Fall sorgt in Italien für Empörung.

Saverio Amato rettet Leben, seit er 16 ist. Der 44-Jährige verbringt seine Sommer am Strand von Cavallino-Treporti bei Venedig, wo er von einem Rettungsturm seinen Bademeisterpflichten nachgeht. So auch vor wenigen Tagen, als Amato beobachtete, wie eine Frau im Wasser drohte zu ertrinken. Der erfahrene Bademeister zögerte keine Sekunde, sondern sprang ihr nach und brachte sie sicher ans Land. Zurück am Strand verständigte Amato den Notdienst und unterstützte das Rettungsteam, bis die Frau mit dem Krankenwagen abtransportiert wurde.

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„Meine Kollegen und ich haben schnell gehandelt“, berichtete Saverio Amato im Gespräch mit dieser Redaktion. „Wir haben der Frau Sauerstoff gegeben, wir konnten rechtzeitig eingreifen und ihr das Leben retten.“ Für Amato, der bereits 2021 für eine ähnliche Rettungsaktion geehrt worden war, war der Einsatz reine Routine. Doch diesmal hatte seine gute Tat ein böses Nachspiel. Statt Anerkennung bekam er ein Bußgeld von über 1.032 Euro von der Hafenwache aufgebrummt.

Italien: Bademeister zeigt sich empört über Strafe

Der Grund: Amato habe den Vorfall nicht erst der Hafenwache gemeldet, bevor er die Rettung einleitete. Laut Vorschrift hätte er, bevor er ins Wasser sprang, zunächst die Notrufnummer 118 wählen oder die Hafenbehörde informieren müssen. Es waren jedoch erst die alarmierten Sanitäter, die der Behörde Bescheid gaben.

Saverio Amato
Der italienische Bademeister Saverio Amato muss Strafe zahlen, weil er bei einer Rettung die Vorschriften nicht eingehalten hat. © privat | Privat

Amatos Strafe entspricht in etwa dem monatlichen Nettogehalt eines Bademeisters in Italien. Der Sizilianer ist empört und hat über einen Rechtsanwalt Einspruch erhoben. Unterstützt wird er von dem Betreiber der Strandanlage, für die er seit 18 Jahren arbeitet, sowie von den Gewerkschaften. „Es war eine lebensbedrohliche Situation, und mein erster Gedanke war, das Leben der Frau zu retten“, sagt Amato. „Das Problem ist, dass unsere Arbeit zu bürokratisch geworden ist. Die Hafenbehörde verlangt, dass wir uns strikt an die Regeln halten, doch sie begreift nicht, dass wir oft in kritischen Situationen handeln müssen, in denen jede Minute zählt.“

Wegen der ihrer Ansicht nach zu vehementen Kontrollen der Hafenbehörde hatten die Bademeister von Cavallino und Jesolo in diesem Jahr mitten in der Hochsaison einen Streik angedroht. Dieser konnte gerade noch abgewehrt werden. „Viele Bademeister drohen damit, den Beruf hinzuwerfen, weil sie Strafen befürchten“, meint Amato. Inzwischen hat er viel Zuspruch von den örtlichen Rettungsschwimmern, sowie von vielen anderen Menschen erhalten.

Wie sich herausstellte, handelte es sich bei der Geretteten um eine 70-jährige Urlauberin aus Deutschland. „Ihre Tochter hat sich bereit erklärt, für die Strafe aufzukommen, doch ich habe es nicht angenommen“, so Amato. Es komme für ihn nicht infrage, dass eine Frau, die gerettet wurde, für diese „ungerechte Strafe“ aufkommen soll.

Strafe fürs Lebenretten? Das sagt die Hafenbehörde

Im Kern geht es in dem Fall um die Frage, wo die Zuständigkeit der Rettungskräfte endet und die der Hafenwache beginnt. Valeria Gargano, Kommandantin der Küstenwache von Jesolo, betont, wie wichtig die Einhaltung der Abläufe bei Rettungsaktionen sei: „Jede Meldung, wenn sie unverzüglich erfolgt, kann Leben retten, daher ist eine schnelle Kommunikation von größter Bedeutung, um eine rasche und effektive Rettungskette zu ermöglichen.“ So könne auch vermieden werden, dass eine Situation unterschätzt würde.

Venedig, Italien - Lido
Bademeister werden in Italien seit Monaten händeringend gesucht. Manche Strandbäder mussten bereits aus Personalmangel schließen. © picture alliance / dpa Themendienst | Andrea Warnecke

„Jeder Bademeister sollte daher daran denken, so schnell wie möglich die Küstenwache zu verständigen, wie es die geltende Badesicherheitsverordnung vorschreibt“, so Gargano. Andernfalls werde die Ordnungswidrigkeit strafrechtlich verfolgt. In diesem Jahr habe es in den Gemeinden Jesolo und Cavallino-Treporti sieben Todesfälle im Meer gegeben. Jeder einzelne Akteur müsse „alles daran setzen, solche Ereignisse zu verhindern“.

Angesichts des Aufschreis um Amatos Strafe befürchtet man in Cavallino-Trepoti nun, dass andere Bademeister das Handtuch werfen könnten. Dabei sind die „Bagnini“, wie sie in Italien heißen, nicht zuletzt für den Tourismus unerlässlich. Sie stellen nicht nur Liegen und Sonnenschirme auf, halten die Anlagen sauber oder sorgen für Sicherheit am Strand. Viele Badeanstalten engagieren die Bagnini auch für Angebote wie Wassergymnastik, Strandlaufen, Yoga und Fitnesstraining oder Themenabende mit Musik und Essen.

Mehr noch: Die Bademeister sind von essenzieller Bedeutung für Italiens Strände. Ohne sie dürfen manche Strandbäder gar nicht betrieben werden. Doch ihr Job bedeutet auch lange Tage bei hohen Temperaturen, Arbeit, wenn andere Urlaub machen und allzu oft eine geringe Bezahlung. Saverio Amato liebt seinen Job trotzdem, sagt er. „Ich kann aber nicht akzeptieren, dass ich für mein vernünftiges Handeln bestraft werde.“