Berlin. Archäologen haben ein seltenes Gefängnis aus der Antike identifiziert. Gefangene verewigten ihre Rachewünsche auf dem Zellenboden.

Römische Gefängnisse waren dreckig, feucht und dunkel. Von der Außenwelt abgeschirmt sollten die Gefangenen durch die schrecklichen Haftbedingungen zu Geständnissen gebracht werden. Die Ruinen dieser antiken Folteranstalten können Archäologen heute nur noch schwer identifizieren. Einem Forscher in Griechenland ist der seltene Fund eines der Gefängnisse nun gelungen.

In der Stadt Korinth stieß der Archäologe Matthew Larsen auf entsprechende Spuren zwischen den Ruinen. Obwohl es Gefängnisse in fast jeder römischen Stadt gab, sind nur wenige bisher gefunden worden, schreibt Larsen, der auch Assistenzprofessor für das Neue Testament an der Universität Kopenhagen ist, in seiner Studie.

Römisches Gefängnis-Graffiti: „Herr, lass sie einen schrecklichen Tod sterben“

„Es gibt kaum Hinweise dafür, wie ein römisches Gefängnis aussah oder wo es sich befand“, schreibt er in der Fachzeitschrift „Hesperia“. Die Ruinen, die er in Korinth als Gefängnis identifizierte, stammen aus dem 5. und 6. Jahrhundert n. Chr. Zu dieser Zeit war das Christentum im Römischen Reich, dessen Provinz Griechenland war, weit verbreitet. Davon zeugen auch die Inschriften, die Larsen an den Gefängniswänden entdeckte.

„Herr, lass sie einen schrecklichen Tod sterben“, wünschte ein Gefangener seinen Peinigern. „Herr, zeige keine Gnade mit denen, die uns hier hinein warfen“, schließt sich ein anderes Graffiti den Rachewünschen an. „Möge das Schicksal derer, die an diesem gesetzlosen Ort leiden, siegen,“ heißt es darin.

Die Graffitis waren auf Griechisch auf den Boden der antiken Stätte gekritzelt. Wie „Live Science“ berichtet, weist der Boden Risse auf, in die die Gefangenen ihre Botschaften schrieben. Dass der steinerne Boden aus dem ursprünglichen Gefängnis herausgerissen wurde und neu verbaut wurde, konnte der Archäologe in der Studie ausschließen.

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Archäologe: Haftbedingungen müssen fürchterlich gewesen sein

Ein weiterer Hinweis auf die ehemalige Funktion der Ruinen als Gefängnis seien die Überreste von Krügen und Lampen, die den Gefangenen Wasser und Licht spendeten. Außerdem fanden sich Spuren einer kleinen Latrine in einer der Gefängniszellen, die entweder von den Gefangenen oder Wachen benutzt wurde.

Die Haftbedingungen müssen fürchterlich gewesen sein, sagte Larsen gegenüber „Live Science“. Von den Graffitis der Gefangenen „bekommt man den Eindruck, dass sie in einer sehr düsteren Umgebung sind, in der sie keine Anhörung bekommen“, so Larsen. Einige der Gefangenen wurden einen ganzen Winter lang in dem wahrscheinlich sehr kalten Kerker gelassen: „Gottesträger, zahle es Marins heim, der uns hier hinein geworfen hat und uns den Winter hier verbringen hat lassen.“

Andere Graffitis erinnern an Brettspiele, die die Gefangenen zum Zeitvertreib gespielt haben könnten, mutmaßt Larsen. Eine Inschrift erinnert an die mutmaßliche Liebhaberin eines Gefangenen: „Das Glück schöner Mädchen, die unverheiratete Männer lieben, triumphiert“.

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Römische Gefängnisse: Wenigsten verbüßten Haftstrafen

In der römischen Antike wurden die wenigsten Gesetzesbrecher zu einer Haftstrafe in den römischen Gefängnisse verurteilt. Viel wahrscheinlicher warteten die Unglücklichen in den dunklen Kerkern auf ihr Verfahren oder die Vollstreckung ihres Todesurteils. Die Verurteilung zur Zwangsarbeit war in Rom weitaus beliebter und den gigantischen Bauprojekten des Imperiums förderlicher.

Griechenland wurde 146 v. Chr. von Rom annektiert, nachdem der Stadtstaat Korinth und dessen Verbündete die entscheidende Schlacht gegen die römische Armee verloren. Korinth liegt auf der strategisch wichtigen Landenge zwischen dem griechischen Festland und der Halbinsel Peloponnes. Zur Kaiserzeit erklärte Rom Korinth zur Hauptstadt der Provinz Achaea, die die Halbinsel umfasst.

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