Berlin. Ein Gerät soll die Sterbehilfe in der Schweiz revolutionieren. Die Bedenken gegen „Sarco“ sind groß: ethisch, medizinisch, rechtlich.

Die Kapsel wirkt futuristisch. Die Farbe Lila symbolisiert Spiritualität, eine zarte Andeutung auf die Schussfahrt, für die sie gedacht ist: für die Reise ins Jenseits. Sie heißt „Sarco“ (von Sarkophag) und ist eine Todes- oder Suizidkapsel, die in der Schweiz – wo sonst? – vorgestellt wurde.

Das Euthanasiegerät verspricht einen schnellen, schmerzlosen Tod durch Sauerstoffmangel. Der wirkt erst euphorisierend, dann einschläfernd. Der Lebensmüde wird binnen Sekunden bewusstlos und stirbt nach wenigen Minuten. Der Erfinder Philip Nitschke verspricht: „Wenn der Knopf gedrückt ist, gibt es keinen Weg zurück.“

Voraussichtlich soll die Todeskapsel noch in diesem Jahr zum Einsatz kommen. Assistierter Suizid ist in der Schweiz seit Jahrzehnten legal und halbwegs gesellschaftlich akzeptiert. 2022 nahmen 1600 Personen Sterbehilfe in Anspruch. Die Sterbehilfeorganisation „The Last Resort“ wähnt sich zwar juristisch auf der sicheren Seite, deutete aber bei der Vorstellung der Erlösungsmaschine in Zürich an, dass sie auf einen gerichtlichen Entscheid vorbereitet ist.

Das futuristisch aussehende Gerät, in welchem Menschen freiwillig aus dem Leben scheiden können: „Sarco“.
Das futuristisch aussehende Gerät, in welchem Menschen freiwillig aus dem Leben scheiden können: „Sarco“. © AFP | ARND WIEGMANN

Sterbehilfe in der Schweiz: Todeskapsel nichts für große Menschen

Wer sich in „Sarco“ hinlegt, muss dem Computer drei Fragen beantworten: Wer sind Sie? Wo sind Sie? Wissen Sie, was passiert, wenn Sie den Knopf drücken? Werden sie korrekt beantwortet, darf man per Knopfdruck den Sterbeprozess mittels Stickstoffhypoxie in Gang setzen: In der luftdichten Kapsel wird Sauerstoff durch Stickstoff ersetzt. Materialkosten: 18 Franken.

Das Gerät ist nichts für Menschen mit Platzangst, ebenso ungeeignet ist es für große Leute. Bei einer Körperlänge von 177 Zentimetern ist Schluss, jedenfalls beim Prototyp. Das Gerät wurde zwölf Jahre lang – durch Spenden finanziert – entwickelt, in Holland designt und im 3D-Drucker hergestellt. Die Kapsel lässt sich leicht transportieren. Man kann den Todesort frei wählen.

Hinrichtung in Alabama abschreckend

Die Methode wurde in den USA bei einer Exekution in Alabama ausprobiert, allerdings bei einem anderen Setting. So saß der Verurteilte nicht in einer luftdichten Kapsel, sondern trug eine Maske. Da er nicht sterben wollte, geriet er in Panik und versuchte die Maske abzuschütteln. Die Hinrichtung verlief qualvoll. Erstickungsgefühle sind ein Punkt, den Medizinethiker zu Bedenken geben.

Für die Sterbehilfe gibt es in der Schweiz Auflagen und Regeln. So vergewissern sich Experten, ob ein schweres, langwieriges Leiden ohne Aussicht auf Besserung vorliegt. Erst mit ärztlichem Segen wird ein Sterbemedikament verschieben, „The Last Resort“ ersetzt Mediziner und Gutachten durch einen digitalen Fragebogen. In Deutschland ist Schmerzlinderung und Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen zweifelsfrei erlaubt. Das Bundesverfassungsgericht forderte den Bundestag auf, Sterbehilfe neu zu regeln. Passiert ist bislang nichts. Assistierte Suizide finden letztlich in einer rechtlichen Grauzone statt.

Lesen Sie dazu: Wer sterben will, braucht Rat – nicht sofort die Spritze

Anmerkung der Redaktion

Aufgrund der hohen Nachahmerquote berichten wir in der Regel nicht über Suizide oder Suizidversuche, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Wenn Sie selbst unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Suizidgedanken leiden oder Sie jemanden kennen, der daran leidet, können Sie sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen.

Sie erreichen sie telefonisch unter 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.