Berlin. Bei Ausgrabungen auf einem Acker in Tønsberg fanden norwegische Archäologen Nieten. Was darunter lag, war noch beeindruckender.

Für das ungeübte Auge mag der Fund unscheinbar sein: Bereits 2018 entdeckten Archäologen mithilfe eines Metalldetektors Nieten auf einem Acker in Tønsberg nahe dem bekannten Gut Jarlsberg. In Fachkreisen sorgte der Fund jedoch für große Aufregung. Nieten im Boden gelten in Norwegen je nach Region als Indikator für wertvolle archäologische Schätze wie etwa Schiffe aus der Wikingerzeit.

Gokstad und Oseberg: Zwei außergewöhnliche Schiffsgräber aus der Wikingerzeit

Die Entdeckung des Schiffsgrabes von Gokstad in den Jahren 1879/1880 in der norwegischen Provinz Vestfold markierte einen wichtigen Meilenstein in der Erforschung der Wikingerzeit in Skandinavien. Ursprünglich wollten die Söhne des Hofbesitzers von Gokstad nur eine lokale Legende überprüfen, nach der sich im „Königshügel“ das Grab eines Königs befinden sollte.

Der Fund von Holzteilen führte im folgenden Jahr zu einer wissenschaftlichen Ausgrabung durch den norwegischen Archäologen Nicolay Nicolaysen. Dabei kam ein fast vollständig erhaltenes, fast 24 Meter langes Wikingerschiff zum Vorschein, das das Interesse an der skandinavischen Frühgeschichte weckte.

Auch der sogenannte „Fuchshügel“ in der Nähe des Oseberghofes ist bis heute für viele Archäologen eine Quelle der Inspiration. Im Jahre 1903 öffnete der dortige Bauer den Hügel, nachdem ihm eine Wahrsagerin in New York prophezeit hatte, dass sein Glück in einem geheimnisvollen Hügel in Norwegen liege. Obwohl er zunächst nichts fand und kurz darauf erkrankte, setzte sein Nachfolger die Grabungen fort und entdeckte geschnitzte Holzteile. Diese Funde führten zur vollständigen Ausgrabung des Hügels durch den schwedischen Archäologen Gabriel Gustafson.

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Überraschender Fund: Wikingerschiff unter Nieten entdeckt

Dem Interesse an der Wikingerzeit folgte auch ein Forscherteam der Universität Oslo. Im Frühjahr 2024 gingen sie der Frage nach, ob die Nieten, die 2018 auf einem Feld in Tønsberg gefunden wurden, tatsächlich auf ein Wikingerschiff hindeuten. Während der zweiwöchigen Ausgrabung kamen rund 70 Nieten zum Vorschein. Aus ihrer Größe schlossen die Forscher, dass sie dazu dienten, bis zu 2,5 Zentimeter dicke Planken zusammenzuhalten, was auf ein großes Wikingerschiff hindeutet.

„Die Art der Nieten weist klar darauf hin, um welch großes Schiff es sich handelte. Die Ähnlichkeit mit Funden in Gokstad und Oseberg lässt eigentlich keine Fragen offen“, bestätigt Ausgrabungsleiter Christian Løchsen Rødsrudund und ergänzt: „Wir können jetzt mit Sicherheit sagen, dass hier die Überreste eines Wikingerschiffes liegen“.

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Archäologie: Wikingerkönig möglicherweise mit Schiff und Pferd bestattet

Neben den Nieten fanden die Forscher auch Hinweise auf elitäre Grabbeigaben. Einige der Metallteile entpuppten sich als Spikes, die unter eisigen Bedingungen an Pferdehufen befestigt wurden. „Schiff und Pferd sind wiederkehrende Elemente in den Bestattungssitten und der Mythologie der Wikingerzeit“, erklärt Rødsrud. Will heißen: Es ist wahrscheinlich, dass das Pferd des Wikingers mit ihm an Ort und Stelle in den Tod gegangen ist.

Die Wissenschaftler vermuten, dass es sich bei dem begrabenen Wikingerkönig um Bjørn Farmann handelt, den Sohn von Harald Schönhaar, der der Sage nach in der Nähe des Fundortes von seinem Bruder erschlagen wurde. Außerdem vermuten die Forscher weitere Schiffsgräber in der Umgebung. „Bei der Metallsuche an der Fundstelle erhielten wir zahlreiche Signale von Nieten und anderem Metall im Boden“, berichtet Rødsrud. Weitere Ausgrabungen sind aber vorerst nicht geplant.