Berlin. Seit 2021 brechen auf Island Vulkane aus, Magmaströme bedrohen ganze Dörfer. Laut einer neuen Studie könnte das nur der Anfang sein.

Seit Jahren bebt die Erde in Island. Vulkanausbrüche und Lavaströme bedrohen ganze Ortschaften, unter denen ein unberechenbares Magmafeld immer wieder gewaltsam zur Oberfläche drängt. Die Eruptionen liegen im Südwesten der Insel, nur 55 Kilometer von Reykjavik und damit der am dichtesten besiedelten Region der Insel entfernt. Laut einer neuen Studie internationaler Forscher könnten die Vulkanausbrüche hier die Menschen allerdings noch über Jahrzehnte beschäftigen.

Im Jahr 2021 begann die Ausbruchsserie auf der Reykjanes-Halbinsel. Allein seit Dezember vergangenen Jahres gab es dort fünf größere Ausbrüche. Dabei strömte Lava aus länglichen Rissen in der Erde hervor, weshalb man diese Art von Ausbrüchen auch als Spalteneruption bezeichnet. Von der Lage besonders bedroht ist die Kleinstadt Grindavík, in der einige Häuser von der Lava erfasst wurden.

In der betroffenen Region lebt ein Großteil der Bevölkerung der Nordatlantik-Insel. Zudem liegen dort der einzige internationale Flughafen und mehrere geothermische Kraftwerke, die Warmwasser und Strom für das Land liefern. Zuletzt sei die Halbinsel vor knapp 800 Jahren vulkanisch aktiv gewesen, heißt es in der nun im Fachblatt „Terra Nova“ veröffentlichten Studie.

Vulkanausbrüche auf Island: Kilometerlanges Magma-System verursacht Eruptionen

Für ihre Untersuchung haben die Forschenden Erdbebendaten der vergangenen drei Jahre ausgewertet und Lava-Proben von mehreren Orten genommen. Sie verglichen das flüssige Gestein, das an verschiedenen Orten aus der Erde strömte, in Bezug auf die chemischen und physikalischen Eigenschaften. So wollten sie darauf schließen, ob es von der gleichen Magma-Kammer im Untergrund stammt oder von verschiedenen Kammern. 

Tatsächlich handelt es sich den Untersuchungen zufolge um Magma mit ähnlichen petrografischen Eigenschaften. Das lasse auf ein zusammenhängendes unterirdisches Magma-System schließen, schreiben die Forschenden. Zusammen mit den seismischen Daten kommen sie zu dem Schluss, dass es sich um eine moderat große Magma-Ansammlung in einer Tiefe von etwa neun bis elf Kilometern handelt, die sich über eine Breite von zehn Kilometern erstreckt. Herausgebildet habe sie sich zwischen den Jahren 2002 und 2020.

Lesen Sie auch: Vesuv-Ausbruch: Was aus den Überlebenden von Pompeji wurde

Vulkanausbrüche könnten sich über Jahrzehnte hinziehen

Das Forschungsteam kommt zu dem Schluss, dass die aktuelle Ausbruchsserie der Beginn einer langen Episode sein könnte. Aber wie lange die Serie wirklich dauere, könnten sie nicht vorhersagen. „Die Natur ist nie regelmäßig“, sagte Co-Autor Ilya Bindeman, Vulkanologe und Professor für Geowissenschaften an der Universität von Oregon in den USA. „Wir wissen nicht, wie lange und wie häufig sie in den nächsten zehn oder gar hundert Jahren anhalten wird. Es wird sich ein Muster herausbilden, aber die Natur weist immer Ausnahmen und Unregelmäßigkeiten auf.“

Island liegt auf dem Mittelatlantischen Rücken, also der tektonischen Plattengrenze, an der sich die nordamerikanische und die eurasische Platte auseinanderschieben. In Island kommt es deswegen häufig zu Vulkanausbrüchen, doch dauern die Ausbrüche der zentraler gelegenen Vulkane meist nur wenige Tage oder Wochen, so wie im Jahr 2010 der Ausbruch des Vulkangletschers Eyjafjallajökull. Die Spalteneruptionen hingegen können viel länger dauern.

  • Aktuelle Nachrichten aufs Handy? Hier geht es zur neuen WAZ-News-App – für Android und iOS.
  • Die WAZ auch bei Social Media – ob WhatsApp, Instagram oder Facebook.
  • Sie mögen den Tag kompakt zusammengefasst? Dann sind Sie beim täglichen WAZ-Newsletter richtig – hier entlang.